Kirchen

Drei Kirchen prägen das Stadtbild Döbelns - die evangelisch-lutherischen Kirchen St. Nicolai und St. Jacobi sowie die römisch-katholische St. Johanniskirche.

Welche Bedeutung hat die Religion in der heutigen Zeit für die Menschen? In Döbeln, wo nur noch gut ein Fünftel der Bevölkerung einer Religion angehört, scheint diese Frage eher negativ beantwortet zu werden. Der Zeitgeist, der technische Fortschritt sowie immer neue Krisen lassen die Menschen anscheinend immer weniger an einen Gott glauben. Zu früherer Zeit, als sich die Menschheit bestimmte Phänomene und Ereignisse noch nicht wissenschaftlich begründen konnte, war dies noch anders (man muss dazu sagen, dass sich Glaube und Wissenschaft partout nicht automatisch ausschließen!). Noch bis vor gut 80 Jahren war der größte Teil der hiesigen Bevölkerung gläubig. Neben der christlichen war auch in Döbeln die jüdische Religion, wenn auch mit einer Minderheit, vertreten. Nicht nur die verschwand durch die Grauen der NS-Zeit vollkommen, auch die christlichen Konfessionen verloren in der darauf folgenden sozialistischen Zeit immer mehr an Zuspruch, aber auch in den letzten 35 Jahren ist ein großer Schwund durch fehlenden „Kirchennachwuchs“ als Folge der DDR-Zeit und anderer Faktoren zu verzeichnen. Dabei war vor allem die Christianisierung im frühen Mittelalter oft eins mit der Besiedlung der dazumal slawischen Gebiete durch die Sachsen. Kirchen wurden dabei zu zentralen Punkten der Dörfer und Städte und oft auch zu zentralen Anlaufpunkten des gemeinschaftlichen Lebens. Dies äußerte sich auch in Pracht und Architektur der Gotteshäuser. Im Folgenden soll ein Überblick über die drei Döbelner Kirchen gegeben werden, wie sich die Gebäude mit der Zeit veränderten, gleichzeitig aber auch den neuen Gegebenheiten der letzten Jahrhunderte angepasst wurden – aber auch, wie friedvoll das Miteinander der einst feindlich gegenüberstehenden Konfessionen und lebendig doch heute noch das Glaubensleben unserer Stadt ist.

Die ev.-luth. Stadtkirche St. Nicolai

Baugeschichte
Nikolaikirchen gibt es vielerorts in Deutschland, in der Leipziger waren Friedensgebete vor mehr als drei Jahrzehnten maßgeblich an einer „Revolution“ beteiligt, die Berliner thront mit ihrem Doppelturm über dem gleichnamigen Viertel und viele andere sind schlichtweg Zeugnisse des christlichen Glaubens und prägen sämtliche Stadtbilder, so auch unsere Döbelner Kirche St. Nicolai. Neben dem Rathausturm, der etwas außerhalb der Innenstadt liegenden Johanniskirche sowie der eher dezent im Hintergrund stehenden kleinen Jacobikirche bildet der Nicolaikirchturm seit etwas mehr als einem Jahrhundert das Vierergestirn Döbelner Höhendominanten, ist gleichzeitig der älteste und auch größte dieser Türme und begrüßt Döbelner sowie Gäste. Zudem dominiert die Kirche durch ihre zentrale Lage das Stadtzentrum und vor allem die Sichtachse des Obermarktes, in dessen unmittelbarer Nähe sie steht.

Die Kirche dominiert durch ihre zentrale Lage das Stadtzentrum und vor allem die Sichtachse vom Obermarkt, in dessen unmittelbarer Nähe sie steht, Richtung Osten.
Nikolaus von Myra (russische Ikone von Aleksa Petrov, 1294), Public domain, via Wikimedia Commons

Das sogenannte „Patronat“, also der Name und Altarheilige, geht auf den Bischof Nikolaus von Myra aus der heutigen Türkei zurück, der durch seine Güte und Großzügigkeit allseits bekannt ist – nicht umsonst begeht man am 06. Dezember, seinem Todestag, das Nikolausfest mit kleinen Gaben. Das Nikolaus-Patronat war einerseits eine Modeerscheinung des 12. und 13. Jahrhunderts, andererseits trugen viele Kirchen in Hafenstädten sowie an bedeutenden Handelsplätzen und -knotenpunkten seinen Namen, da der heilige Nikolaus auch Schutzpatron der Seefahrer, Kaufleute und Händler sowie der Reisenden war. Dies trifft auch auf Döbeln zu, da sich bereits zur Slawenzeit unterhalb der Burg zwei wichtige Handelsstraßen kreuzten. Befestigte Handelsstädte wie Döbeln durften ihren Kirchen das Nikolaus-Patronat auferlegen. Wie vielerorts hängt die Entwicklung Döbelns zur Stadt nach der Eroberung des heutigen Ostens Deutschlands nach den Feldzügen des ostfränkisch-deutschen Königs Heinrichs I. 928/929 auch mit der Christianisierung sowie der Entwicklung des christlichen Glaubens zusammen, sodass im Burgward unterhalb der Burg Döbeln alsbald eine Kirche gebaut wurde, aus der die Stadtkirche St. Nicolai entstand. Einerseits sollte damit das Bedürfnis der christlichen Bevölkerung des Burgwardbezirks befriedigt, andererseits ein Beitrag zur Christianisierung der hier noch zahlreich lebenden Heiden geleistet werden. Spätestens im Jahre 1230 lässt die Nennung eines Plebans (Seelsorgers) Rückschlüsse auf die Existenz von St. Nicolai schließen, 1293 wird die Kirche direkt erwähnt. Neben ihr existierten in Döbeln noch die St. Jakobikirche am Niedermarkt sowie die Klosterkirche St. Johannes des Täufers des 1330 gegründeten Benediktinerinnenklosters.

Nachdem die ursprünglich gotische Kirche 1333 durch einen Brand zerstört wurde (Westportal und Untergeschoss des Turmes sowie die ersten drei Joche des Kirchenschiffes zeugen noch vom Urbau), wurde St. Nicolai als dreischiffige Basilika mit vorgestelltem Westturm bis ca. 1368 wiedererrichtet, da für dieses Jahr die Stiftung eines Heiligkreuz-Altars erwähnt wurde. Beim Bautyp der Basilika war das Mittelschiff gegenüber dem nördlichen und südlichen Seitenschiff mit eigenen Fenstern erhöht. Dies lässt sich jedoch nicht mehr eindeutig für die Nicolaikirche nachweisen.

1368 wurde Döbeln als Erzpriestersitz in der Meißner Bischofsmatrikel mit 16 unterstellten Pachorien aufgeführt, sodass der Nicolaikirche eine wichtige Rolle innerhalb des Bistums bis zur Reformation 1539 zukam. Darauf zurückzuführen ist die Einrichtung einer Bischofskapelle südlich des Turmes, die heutige Brautkapelle. Ergänzt wurde das Gebäude um die Kapelle „Unserer Lieben Frauen“ – ursprüngliche Marienkapelle – um 1368 an der nordwestlichen Ecke des Kirchenschiffes (1403 wird die Stiftung eines Marienaltars überliefert, Kapelle heute nicht mehr vorhanden). Ebenfalls entstand zu Beginn des 15. Jahrhunderts ein Chorraum.

Während der Hussitenkriege nutzte man die Nicolaikirche als Pferdestall, bevor sie zusammen mit der Burg niederbrannte. Da die Hussiten höchstwahrscheinlich an Döbeln vorbeizogen, ist die Zerstörung auf den Stadtbrand von 1429 zurückzuführen. 1432 wurden die Schäden bereits notdürftig ausgebessert. 1450 wurde Döbeln von den Böhmen heimgesucht und dabei die Glocken sowie das Kirchen-Ornat entwendet. Mehr als ein halbes Jahrhundert später, von 1479 bis 1485, begann man, die Folgen der Beschädigungen während der Hussitenkriege/des Stadtbrandes ganz zu beseitigen. Es fand ein Umbau bzw. eine Erweiterung in eine (der Länge nach) vierjochige Hallenkirche mit dem heutigen Chorraum statt – ein Joch bezeichnet dabei ein quadratisches oder rechteckig eingefasstes Gewölbe, welches durch Pfeiler oder Wände getragen wird. Der Neuaufbau wurde durch einen Ablass des Meißner Bischofs Dietrich ermöglicht. Durch das geschulte Auge erkennbar ist heute noch, dass die Gewände der Fenster in den ersten drei ursprünglichen Jochen eher rundlich sind, im angefügten östlichen vierten Joch im Stile der Gotik ganz spitz. Auch erkennt man die östliche Ergänzung, da in den ersten drei Jochen der Seitenschiffe Kreuzrippengewölbe, in den ergänzten östlichen Jochen Sterngewölbe die Kirchendecke tragen. Seitdem prägen acht Säulen den Innenraum, auf denen die Last der Gewölbe ruht.

Historische Stadtansicht Kupferstich nach Dillichs Federzeichnung um 1630. Rechts der Nicolaikirche sieht man die Burgruine auf dem Schlossberg. Die Reste der Burg wurden bis in das 18. Jahrhundert als Steinbruch genutzt und von 1867 bis 1869 zum Bau der Schloßbergschule und einer Turnhalle endgültig beseitigt.

Im Jahre 1504 konnte schließlich auch der Turm mit 30 m Höhe fertiggestellt werden, welcher vier Glocken aufnahm. Damit wurden die nach und nach durchgeführten Umbauten beendet. 1647 wurde beschrieben, dass sich im 15. und 16. Jahrhundert um die Kirche die Pfarrei, mehrere Kapellan- und Altaristenwohnungen sowie die Küsterei, eine Schule und einige Termineihäuser befanden (Bettelmönche aus benachbarten Städten kamen da unter, wenn sie ihr Bittumgang nach Döbeln führte). Diese Termineihäuser wurden wohl bereits vor der Reformation 1539 aufgegeben. Der Platz um die Nicolaikirche war ursprünglich bis ca. 1473 der Kirchhof St. Nicolais, sozusagen ein Gottesacker.

Von 1382 bis 1581 war Döbeln Lehen des Meißner Bischofs, erst 1539, also 22 Jahre nach Luthers Thesenanschlag und bereits weit nach Einführung der Reformation im Leisniger Amts- und Klostersprengel 1523, wurde im albertinischen Sachsen (zu dem Döbeln dazumal gehörte) die Reformation eingeführt. Somit wurde auch St. Nicolai vom römischen zum neuen evangelisch-lutherischen Glauben umgewidmet, nachdem Döbeln aber schon vorher dem neuen lutherischen Glauben zusprach und bereits 1521 der Glashütter (eine andere Quelle sagt Stolpener) Pfarrer Seidler vor dem Rathaus lutherisch predigen durfte. Im „Kunstführer durch die DDR“ wurde vermerkt, dass „ihm als örtlichem Führer der lutherischen Bewegung gegen die feudalistische katholische Kirche die Einwohner zuströmten“. Die Äbtissin hatte es verboten, in der Nicolaikirche zu predigen. Verantwortliche der Stadt wurden vom Markgrafen daraufhin vorübergehend festgesetzt und Seidler ausgewiesen. Der erste lutherische Gottesdienst in St. Nicolai fand dabei am 17. August 1539 statt, es wurden ein Pfarrer (Johann Bucher, später selbst Superintendent in Oschatz), ein Archidiakon (Jacob Keller, sozusagen der zweite Mann neben dem Pfarrer und später Nachfolger Buchers) sowie ein Kaplan eingesetzt. Döbeln unterstand dabei der Oschatzer Superintendentur.
Der Turm von St. Nicolai wurde am 05. Juni 1629 durch einen Blitzschlag zerstört, wobei die Glocken schmolzen und auf dem Gewölbe der Eingangshalle zerschellten. Bis Oktober 1629 konnte der Turm mit einem schlanken, hohen, dreistufigen sowie im Grundriss achteckigen, größtenteils hölzernen Aufsatz auf dem ca. 40 m hohen viereckigen Unterbau mit Fialen, also kleinen Türmchen an jeder Ecke am unteren Ende der Haube, wiederaufgebaut werden. Erneut zerstört wurde der Kirchturm beim großen Stadtbrand vom 21. Juni 1730 – danach entstand der Turm in der heutigen Form mit ca. 68 m Höhe; der achteckige Aufbau auf dem Umgang wurde nun gänzlich aus Stein errichtet.

Historische Ansichtkarten Döbelns zeigen vielfach die St. Nicolaikirche. Sie ist neben dem Rathaus und dem Riesenstiefel DAS Wahrzeichen der Stadt.

Nicolaikirche, ca. 1968

Im Jahre 1782 ergänzte man die Sakristei am Chorraum, da der Standort im nördlichen Seitenschiff genutzt wurde, um mehr Gottesdienstbesuchern Platz zu bieten. Von der ursprünglichen Sakristei zeugt heute noch eine 1997 freigelegte „Piscina“, in der das Weihwasser in vorreformatorischer Zeit ausgegossen wurde. 1784 entstand die Taufkapelle an der Südseite der Kirche, welche heute als Sakristei und Marienkapelle dient; dabei wurde die „Goldene Pforte“ als ehemaliger seitlicher Haupteingang verdeckt. Gen Osten hat sie einen dreiseitigen Abschluss und ist mittig seit 1885 durch eine Holzwand getrennt. Im Oktober 1864 bekamen Turm und Schiff der Nicolaikirche Blitzableiter.

Die Architekten Hugo Altendorff und Paul Henschel führten von März 1885 bis Januar 1886 eine weitestgehende Umgestaltung der Nicolaikirche durch, bei der sie wesentliche Veränderungen im neogotischen Stil erfuhr. Dabei wurden nicht nur die ursprünglichen mehrstöckigen Emporen (jeder Pfarrort hatte seinen zugewiesenen Platz) und weitere Einbauten im Inneren der Kirche durch eine neue Empore – also ein zweites Stockwerk für Gottesdienstbesucher – ersetzt, sondern auch Änderungen an Türen, Fenstern und dem Maßwerk der Gewölbe vorgenommen. Auch am Außenbild von St. Nicolai nahmen die Architekten diverse Änderungen vor. So wurden nicht nur die Portale mit gotischen Umrandungen und Wimpergen versehen, auch große Veränderungen im baulichen Erscheinungsbild wurden dabei getätigt. An Stelle einer um 1504 errichteten Vorhalle an südwestlicher Seite der Kirche neben einem Seitenportal wurde der heute noch prägende Treppenturm zur Orgelempore mit spitzem Kegeldach errichtet, sowie ein Singechor (1607 errichtet) und die Sakristei (1782) hinter dem Chor abgebrochen. Letztere fand daraufhin ihren Platz im östlichen Kapellenraum an der Südseite der Kirche. Auch wurde anscheinend das Kirchenschiff mit einem neuen, steileren Dachstuhl versehen. Solche einschneidenden Veränderungen mögen aus heutiger Sicht bedauerlich wirken, waren aber zu dieser Zeit, in der man im Stile vergangener Jahrhunderte versuchte, historisch mehr oder weniger stimmige Anpassungen auch hinsichtlich der Funktion wie bei oben genanntem Treppenturm durchzuführen, nicht ungewöhnlich.

Während der äußeren Rekonstruktion 1976-1978

Im Vergleich zu Ergänzungen und Anpassungen, die heutzutage durch den Einklang mit Funktion und Technik an historischen Gebäuden vorgenommen werden, haben die Architekten Ende des 19. Jahrhunderts an St. Nicolai nichtsdestotrotz ein architektonisch stimmiges Werk vollbracht. Weitere Erneuerungsarbeiten erfuhr St. Nicolai 1929 im Inneren durch Dipl.-Ing. Fischer-Gurig und Kunstmaler Max Helas (Beendigung am 25. Dezember 1929) sowie durch das Institut für Denkmalpflege im Jahre 1971, bei der zwei Gemälde auf den Flügeln des Altars gereinigt wurden. Die Außenhüller der Nicolaikirche wurde von 1976 bis 1978, wohl in Vorbereitung der 1000-Jahr-Feier der Stadt und mit Unterstützung der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) aus der Bundesrepublik, saniert. Die EKD stiftete 200.000 DM sowie diverse Materialien wie Nägel für Dachschiefer. Dabei wurde im Wesentlichen der Außenputz erneuert, weiß angestrichen (die Umrandungen des Mauerwerks, der Fenster, Portale etc. erfuhren einen roten Anstrich), ein Kamin am Kirchturm entfernt und es erhielten die Dächer des Turmes, des Treppentürmchens neben dem Kirchenportal im Westen sowie des südlichen Treppenturmes eine Kupfereindeckung anstatt des Schieferdaches. Ebenso wurden die Turmbekrönungen dabei neu vergoldet. Auch wurde das Schieferdach des Kirchenschiffes neu eingedeckt.

Blick von den Wappenhenschanlagen Richtung Westen - Die St. Nicolaikirche prägt das Stadtbild. (2017)

Eine wichtige Rolle spielte die Kirche in den Jahren 1989/90, als die damaligen Pfarrer Landgraf und Tannhäuser die Türen für kritische Gespräche sowie Gebete öffneten. Diese starteten am 09. Oktober 1989, dem Tag, an dem in Leipzig die bis dato größte Montagsdemonstration stattfand. Der mit 70 Gästen besuchte Gottesdienst endete mit der Verlesung der Erklärung des neu entstandenen oppositionellen „Neuen Forums“ sowie mit Fürbitten, aber keiner Demonstration – obwohl bewaffnete Organe im Umfeld der Kirche parat standen. Anschließend fanden am 16. Oktober, dem 23. sowie 30. Oktober Fürbittgottesdienste statt – nach letzterem gab es eine Diskussionsveranstaltung mit dem Rat der Stadt in der Nicolaikirche. Nach dem fünften Fürbittgottesdienst ergab sich am 06. November die erste Montagsdemonstration in Döbeln – der Rest ist bekannt.

Nicht nur trug die Döbelner Nicolaikirche damit indirekt zu den Veränderungen hierzulande bei, sondern eröffnete auch neue Möglichkeiten, ihre Bausubstanz zu sichern. Bereits in den 1980er Jahren begannen Planungen und Kollekte für dieses Vorhaben, allerdings konnten man es erst jetzt durch bessere Finanzierungsmöglichkeiten, finanzielle Unterstützung öffentlicher Stellen sowie die Verfügbarkeit von Baustoffen in die Tat umsetzen. Dazu zählt eine 1997 durchgeführte Innensanierung, welche 365.000 DM kostete und dem Innenraum eine neue Frische verlieh. Bei der Innensanierung sollte vor allem die Farbgebung des Innenraums aus dem Jahre 1929 wieder hergestellt werden, sie konnte am Buß- und Bettag 1997 mit einem Weihegottesdienst beendet werden. Insgesamt wurden in die Erhaltung und Restaurierung der Nicolaikirche seit 1990 zu diesem Zeitpunkt ca. 667.000 DM investiert. Dabei stand ebenso die Nutzung des Kirchenraums für Konzerte und andere musikalische Erlebnisse im Blick. Auch dem Altar „spendierte“ man eine Rekonstruktion (Kosten: ca. 440.000 DM) nach mehr als 70 Jahren – die Altarrestauration dauerte von 1999 bis zum 04. August 2002, als der Altar in einem Festgottesdienst wieder in vollem Glanz erstrahlen konnte. Ebenso erfuhr ab September 2000 die 1929 eingebaute Eule-Orgel nach mehreren Wasserschäden und nur notdürftigen Reparaturen eine mit 417.000 DM zu beziffernde Restaurierung durch ihre Herstellerfirma Eule aus Bautzen und konnte am Reformationstag 2001 wieder zum Auftakt einer bis zum 04. November dauernden Orgelfestwoche erklingen. Im Vorfeld gab es, um Spenden für die Orgelrestaurierung zu akquirieren, sogar einen „Orgelwein“ zu kaufen. Weiterhin muss sich die Orgel aller zwei Jahre einer „Durchsicht“, ähnlich eines PKW, unterziehen, um die durch Wärme und anderer Einflüsse verursachten „Verstimmungen“ zu beseitigen.

St. Nicolaikirche mit Lutherdenkmal

Einschneidend für Stadt und Kirche war das verheerende Hochwasser des August 2002, wobei der Kirchgemeinde erhebliche Schäden entstanden (in die Nicolaikirche drang das Wasser bis auf eine Höhe von 1,70 m ein und stand bis zur Oberkante des Altartisches). In der darauf folgenden erneuten Sanierung wurden nicht nur vor allem Schäden durch Wasser sowie entstandenen Schimmel beseitigt, auch wurden Fehler bei der erst kürzlichen Sanierung durch Beschädigungen an verschiedenen Kunstwerken deutlich. Bis 2005 konnten auch an der Nicolaikirche die letzten Schäden beseitigt werden. Dabei wurde auch der im Laufe der Zeit verblichene Anstrich im Jahre 2004, anlässlich des „Tag der Sachsen“ in Döbeln, wieder erneuert; nun strahlt die Fassade mehr als 20 Jahre später immer noch die selbe Frische wie dazumal aus. Auch mussten statische Veränderungen im Kirchturm durch neue Eichen- und Eisenträger herbeigeführt werden, um die Stabilität der durch die Glocken mitschwingenden Türmerwohnung zu sichern. Dabei wurden 150.000 Euro bis Februar 2005 investiert. Zusätzlich musste von 2014 bis 2017 das Dach des Kirchenschiffes saniert werden, da das massive Gebälk unter Schwammbefall litt. Die Kupferdächer sowie inzwischen auch die einst goldenen Turmbekrönungen glänzen derzeit mit ihrer altersbedingt grünen Patina über der Stadt.

Blick auf Altar und Kanzel (© Jörg Blobelt, 2009)

Baubeschreibung & Besonderheiten
Der den Bau krönende 68 m hohe Turm von St. Nicolai besteht aus dem 30 m hohen unteren Teil mit quadratischem Grundriss (auf diesem befindet sich der Turmumgang) sowie dem nach dem Blitzeinschlag 1629 errichteten Aufbau mit achteckigem Grundriss. Der untere Teil des Turms ist in drei Geschosse gegliedert; im obersten Geschoss befindet sich die Glockenstube mit ihren vier Glocken, erkennbar an den großen Schallfenstern. Zwei Glocken wurden 1629, zwei weitere 1643 durch Gabriel und Zacharias Hilliger aus Freiberg gegossen. Nach der Vernichtung dieser Glocken beim Stadtbrand 1730 wurden ein Jahr später bereits neue Glocken der Dresdener Gießerei Weinhold eingebaut, von denen drei 1917 im Zuge des Ersten Weltkrieges abgenommen und eingeschmolzen wurden. 1921 bekam die Nicolaikirche vier neue Stahlhartgussglocken der Apoldaer Firma Franz Schillinger & Söhne; Stifter waren u.a. namhafte Döbelner Bürger und Industrielle wie Tümmler oder Greiner. Da deren großes Gewicht – die größte wog ca. 3,8 t – das Glockengestühl zu sehr belastete und dieses sowie die Glocken auch durch den Zahn der Zeit gezeichnet waren, fand 2012 der Guss und Einbau vierer neuer Bronzeglocken durch die Firma Perner aus Passau sowie eine umfangreiche Erneuerung des Glockenstuhls statt. Die Abendmahlsglocke ist die größte und schwerste, gefolgt von der Predigtglocke sowie zuletzt der Gebets- und der Taufglocke.

Die größte der 2012 ersetzten Stahlglocken von 1921 kann man sich vor der Kirche am Lutherplatz ansehen.

Unter dem Schallfenster an der Westseite des Turmes ragt der steinerne Balken eines Flaschenzuges aus dem Gemäuer, über den schwere Lasten wie Möbel, Heizmaterial oder Wasservorräte vor allem für die Türmerfamilie mittels der einem Göpel ähnlichen Kranwinde in den sogenannten Ziehboden hochgezogen und ihre Abfälle in einem Kübel abgelassen wurden – bis zur Wohnung musste noch der Glockenboden mittels Treppe überwunden werden. Die Türmer residierten ca. 40 m über dem Erdboden im Turmaufbau. Die Türmerwohnung bestand aus einem großen Wohnzimmer (gen Obermarkt), der in Richtung Leipziger Straße zeigenden Küche sowie Schlafzimmer, Kinderzimmer und zwei Bodenkammern über der Wohnung. In einer der Bodenkammern fand die Schusterwerkstatt ihren Platz.

Döbelner goldene Pforte

Als Bekrönung des Turmes dient seit der Wiederherstellung nach dem Stadtbrand 1730 eine barocke „welsche Haube“, also ein leicht geschwungener halbrunder Aufsatz mit gestufter Laterne.
Zu beachtende bauliche Details am Äußeren der Kirche sind eine am nördlichen Strebepfeiler des Chores befindliche, um 1480 entstandene sandsteinerne Reliefplatte mit der Kreuzigung Christi, Maria und Johannes; an den mittleren Strebepfeilern des Chorraumes Inschriftenplatten aus der Zeit des Wiederaufbaus 1479 bzw. der Renovierung 1885, ergänzt durch eine Inschrift erinnernd an die Sanierung 1976-1978 am südlichen Strebepfeiler.
Südlich des Turmes im Inneren des Gebäudes, sozusagen als Verlängerung des südlichen Seitenschiffes, befindet sich die sogenannte „Brauthalle“ (ursprünglich Bischofskapelle, heute Eltern-Kind-Raum). Auf dem Geschoss der Orgelempore über der „Brauthalle“ liegt das als „Heimlichkeit“ bezeichnete Archiv mit Kirchenbibliothek, die als Großteil die Stiftung vieler historischer Bücher ist, u.a. des 1525 in Döbeln geborenen Hofpredigers M. Martin Corbener sowie aus dem Nachlass des in Döbeln geborenen Mockritzer Pfarrers M. Johann Friedrich Aster (gest. 1780).

Schlusstein Bischofskapelle

Das Innere des Langhauses von St. Nicolai wird geprägt durch Kreuzrippengewölbe, Sterngewölbe sowie im Osten des Langhauses ein Parallelrippengewölbe mit im Chor anschließendem Sternnetzgewölbe.
In der Sakristei findet man den versetzten Schlußstein der ehemaligen Bischofskapelle (um 1360) mit Lamm Gottes und Siegesfahne an der Ostseite sowie in der daneben befindlichen Marienkapelle das als „Döbelner goldene Pforte“ bezeichnete, jedoch zugemauerte prächtige Südportal – dem ehemaligen Haupteingang – der Kirche. Beide Räume wurden 1885 voneinander getrennt.

Hochaltar mit „Alltags- oder Sonntagsseite“

Der um die Jahre 1515/1516 geschaffene und von den wohlhabenden Bürgern Döbelns gestiftete Hochaltar von St. Nicolai ist mit seinen ca. zwölf Metern Höhe einer der größten erhaltenen Schnitzaltäre Sachsens (neben Annaberg und Rochlitz) und zählt zu den besten Werken seiner Zeit. In einer Freiberger Werkstatt geschaffen, weisen seine Figuren Ähnlichkeiten mit anderen Altären sowie der Freiberger Plastik auf. Er ist in Predella (soz. Unterteil) mit der Darstellung des Todes der Jesusmutter Maria sowie kursächsischem Wappen (linke Predellawange) und Döbelner Stadtwappen (rechte Predellawange), Gesprenge (oben) – es zeigt acht Heiligenfiguren gekrönt von Jesus Christus, davon vier Männer und jeweils von diesen eingerahmt vier Frauen mit der Darstellung der Jesusmutter Maria als sogenannte „Mondmadonna“ (Maria als Himmelsgöttin) und darüber der „Anna Selbdritt“ (Anna, Mutter Marias, mit Maria und Jesuskind auf dem Arm) – sowie Schrein (Mitte) geteilt. Der Altarschrein ist durch seine zwei Flügelpaare zweimal aufklappbar. Die im geschlossenen Zustand zu sehenden Außenseiten des Altarschreins – der „Fastenseite“, die Tafelgemälde stammen vom, der Cranach-Schule zugeordneten, „Meister des Döbelner Hochaltars“ aus Freiberg, zeigen vier helfende Taten des Patrons Nikolaus von Myra. Die beiden Standflügel zeigen Szenen unter der Thematik der Rettung aus großer Not (Hiob, der heilige Martin, der heilige Rochus sowie der den Drachen tötende heilige Georg). Diese zweite Wandlung, die geschlossene Seite, ist während der Fastenzeiten im Advent (1. Advent bis Heiligabend) sowie zwischen Aschermittwoch und Karsamstag zu sehen.

Detailaufnahmen des Altars: Gesprenge (l.) mit der Jesusmutter Maria als "Himmelsgöttin" in der Mitte, über ihr die Figur der "Anna Selddritt". Die vier Heiligen Erasmus, Petrus, Gregor (?) und Valentin (r.)

Nach der ersten Öffnung erscheint die „Alltags- oder Sonntagsseite“, auf der als Tafelgemälde je zwei heilige Päpste sowie zwei heilige Bischöfe gezeigt werden, welche aufgrund ihrer Darstellung als Skulpturen auf Sockeln bemerkenswert sind. Diese sind (v. l. n. r.) der heilige Erasmus, Petrus, Gregor der Große (dies kann aufgrund der Insignien infrage gestellt werden; diese passen eher zum Heiligen Bischof Benno von Meißen, jedoch war dieser wie dargestellt kein Papst) und der heilige Valentin. Diese erste Wandlung wird vom Sonntag nach Pfingsten bis Ewigkeitssonntag gezeigt. Nach der vollkommenen Öffnung des Altars sind auf der geschnitzten „Festtagsseite“ drei Heilige als mit Vergoldung (geschätzt auf den Wert von 1000 Gulden) versehene Schnitzfiguren zu sehen, in der Mitte wieder Nikolaus von Myra, links der heilige Leonhard sowie rechts der heilige Wenzel (Schutzheiliger Böhmens). Leonhard, Schutzpatron des Viehs, kann als Bezug zu Döbelns Rolle als größtem Viehmarkt am Fuße des Erzgebirges im Spätmittelalter gelten. Im Rahmen befinden sich links und rechts je zwei kleine Heiligenfiguren der Kirchenväter Hieronymus mit Augustinus sowie Gregor der Große mit Ambrosius (diese Darstellung aller vier Kirchenväter gleichzeitig kann als Besonderheit gelten), im linken Altarflügel sind der Evangelist Johannes mit dem heiligen Florian und im rechten Altarflügel mit Maria Magdalena und der heiligen Barbara zwei Frauen zu sehen. Ebenso sind im unteren Teil der Flügel schreibend die vier Evangelisten Johannes, Matthäus (beide links), Markus und Lukas (beide rechts) dargestellt. Vollständig geöffnet wird der Altar an christlichen Hochfesten wie Weihnachten (bis Fastnacht) sowie zwischen Ostern und dem Trinitatisfest nach Pfingsten. Auf der Rückseite des Altars sind die Namen aller Döbelner Pfarrer vermerkt.

Die vom Colditzer Tischler David Schatz 1599 geschaffene Kanzel zeichnet sich durch reichen plastischen sowie gemalten Schmuck aus. An der Brüstung der Kanzel werden wieder die vier Evangelisten gezeigt, ein Posaunenengel krönt den Aufsatz zum Aufgang der Kanzel, auf dessen Tür Petrus gezeigt wird. Bemerkenswert ist bei der Kanzel auch der Schalldeckel, der sich reich beschmückt stufenförmig nach oben verjüngt. So schmücken neben einem Bibelwort drei Engelsputten mit den Leidenswerkzeugen Christi Geißelsäule, Kreuz und Lanze die Spitze; gekrönt wird der Schalldeckel durch die Darstellung des Gnadenstuhles (Gott hält seinen gekreuzigten Sohn, darüber die Heilig-Geist-Taube). Ursprünglich befand sich die Kanzel – wie in der lutherischen Liturgie, dass das Wort in der Mitte des Gottesdienstes steht – am zweiten nördlichen Pfeiler inmitten des Gottesdienstraumes. Später verlegte man sie an ihren heutigen Platz im vorderen Teil des Schiffes, als sich das Verständnis des Gottesdienstes wandelte.

Kanzel (l.), Detaildarstellung des Schalldeckels mit „Gnadenstuhl“ (M.), „Posaunenengel“ über dem Aufgang zur Kanzel mit Petrusbild an der Innenseite der Tür (r.)

Renaissance-Taufstein von 1603

Als weiterer wichtiger Teil ist – wie in jeder Kirche – der Taufstein aus Sandstein zu erwähnen. Dieser steht im Chorraum und wurde 1886 geschaffen und weist einen Sockel in Form eines griechischen Kreuzes auf. Das Becken sitzt auf einem großen Rundpfeiler, welcher durch marmorne Pfeiler dabei unterstützt wird. Ebenso steht im südlichen Seitenschiff ein älterer Taufstein aus Sandstein und Marmor, der 1603 von Hans Köhler d.J. aus Döbeln im Stile der Renaissance erschaffen und für 409 Gulden durch Pastor Schumler erworben wurde. Sein Platz war in der früheren Taufkapelle. Neben Kinderfiguren an den Füßen seiner sechs Seiten werden am Gebälk u.a. biblische Geschichten gezeigt. Dieser Taufstein besaß einen Deckel, der heruntergelassen werden konnte. In seiner heutigen Erscheinung schweben über ihm zwei Engelsputten.
Heute befindet sich unweit dieses Taufsteins in Richtung Altar eine Bibel-Leseecke.

Taufstein von 1886

Eule-Orgel von 1929

Die 1929 eingebaute romantische Taschenladeorgel, die „Königin der Instrumente“ von Hermann Eule (Bautzen), besitzt drei Manuale sowie 59 Register und versieht den Gottesdienst mit ihrem mächtigen Klang durch heute 3912 Pfeifen. Der Freipfeifenprospekt wurde durch den im selben Jahr wirkenden Leiter der Restaurierung Fischer-Gurig gestaltet. Die jetzige Orgel hat bereits mehrere Vorgänger, nachgewiesen werden kann eine Döbelner Zimmermann-Orgel von 1494, ein Neubau wohl mit Einbezug der alten Orgel durch Lange (Kamenz) von 1603-1604, Orgelneubauten aus den Jahren 1738-41 (Dölitzsch, Döbeln) sowie 1844/45 (Kreutzbach, Borna). Für die Restaurierung der Kirche 1885 ab- und wieder aufgebaut, fand 1905 eine wesentliche Erweiterung durch den Schaffer der Orgel von St. Jacobi, Schmeißer aus Rochlitz, statt; 1917 wurden zu Kriegszwecken auch die Prospektpfeifen letzterer Orgel entfernt und eingeschmolzen. Dies machte den Neubau der Orgel 1929 notwendig; Teile der Orgel wurden in der späteren Eule-Orgel verbaut.

Detailaufnahmen Eule-Orgel

Des Weiteren sind im Inneren der Nicolaikirche die Glasgemälde von C. L. Tücke (Zittau) aus dem Jahre 1885 auffällig, welche links und rechts des Altars wieder die vier Evangelisten zeigen (links Matthäus mit Markus, rechts Lukas mit Johannes) und durch ihre Gestaltung und Ausrichtung den Altar gewissermaßen „unterstützen“. Sie dienen quasi dem Altar als Standflügel. Die Evangelisten werden dabei unter Baldachinen mit gotischen Tabernakelaufbauten gezeigt.
Im südlichen Seitenschiff befindet sich u.a. ein Gemälde des 1545 bis 1559 in Döbeln wirkenden Pfarrers Valentin Braun, welcher in Wittenberg bei Martin Luther studierte.
Bis 1885 waren 19 Epitaphe und Grabdenkmäler von Adelsgeschlechtern und Ratsherren in der Kirche vorhanden, von denen nur wenige wie das des Pfarrers M. Philipp Schloßhauer aus dem Jahre 1584 in der Turmhalle noch zu finden sind.

Grundriss der St. Nicolaikirche
Legende

1= Westturm mit Hauptportal und Turmhalle
2= Brauthalle, ehemals Bischofskapelle
3= Alte Marienkapelle von 1368, später abgebrochen
4= Ursprüngliche Größe des Kirchenschiffes von drei Jochen bis zum Umbau 1479-85
5= Erweiterung um ein Joch sowie neuen Chorraum durch den Umbau 1479-85
6= Chorraum mit Altar
7= Kanzel
8= ursprüngliche Sakristei im nördlichen Seitenschiff
9= Sakristei von 1782 (1885 abgebrochen)
10= Kapellenanbau von 1784 mit Sakristei (rechts) und neuer Marienkapelle (links)
11= Döbelner "Goldene Pforte" (ehem. Haupteingang, zugemauert und durch Kapelle verdeckt)
12= Treppentürmchen von 1885 anstelle einer Vorhalle

„Mirakelmann“ in seiner „Ruhestätte“ auf der Orgelempore

Eine Besonderheit unserer Kirche bildet der in seinem Zustand in Europa einzigartige sowie von kunst- und liturgiegeschichtlich äußerst großer Relevanz zeugende sogenannte „Mirakelmann“, eine bewegliche Christusfigur. Dabei handelt es sich um eine über 500 Jahre alte, um 1510 geschaffene, aus Lindenholz geschnitzte Passionsfigur in Menschengröße. Diese wurde während der Passionsspiele zur Darstellung des Leidens Jesu Christi im Laufe der Ostertage verwendet und „bewegt“. Besonders bei der Döbelner Figur sind nicht nur die realistisch dargestellten Blutspuren und -adern sowie seine beweglichen Gelenke –sogar der Kopf kann sich neigen, so wie es in der Bibel über Jesu Tod am Kreuz beschrieben wird– sondern auch die realistische Darstellung der Blutaustrittswunde unter der rechten Brust der Figur, aus der blutfarbene Flüssigkeit nach einem Lanzenstich austreten konnte (vorher wurde die „Wunde“ mit weißem Wachs geschlossen und durch den Stich eine mit Blut gefüllte Schweineblase zerstochen). Zudem ziert den „Mirakelmann“ ein Ledertuch im Lendenbereich. So konnten mit dem „Mirakelmann“ realistisch Kreuzigung und Grablegung Christi gezeigt werden. Auch wenn Haar und Bart, ursprünglich durch echtes Pferdehaar gestaltet, im Laufe der Jahrhunderte „wegrestauriert“ und durch eine Perücke ersetzt wurden, verkörpert diese Figur eindrücklich das Glaubensgeschehen des 15. und 16. Jahrhunderts.

Detailaufnahme Mirakelmann

Nach der Reformation verloren solche Passionsspiele aber rasch an Bedeutung, und somit auch der „Mirakelmann“. Nachdem diese Figur jahrhundertelang an einem Kreuz im Chorraum hing und deshalb korrekterweise als „Kruzifix“ bezeichnet werden muss, wurde er wohl während der Kirchensanierung 1885 aus der Kirche entfernt. Auch eine überlieferte Dornenkrone der Figur ist nicht mehr vorhanden. Es fanden eher schlecht als recht laienhafte Restaurationsversuche statt, welche das ursprüngliche, detaillierte Erscheinungsbild der Passionsfigur wesentlich beeinflussten. Der „Mirakelmann“ kam nach 1885 zwischenzeitlich in das Stadtmuseum, kehrte aber 1952 in die Kirche zurück. Ca. 1988 wurde er hinter der Orgel in einer Holzkiste „wiederentdeckt“, lagerte danach im Landesamt für Denkmalpflege in Dresden, wurde ebenda im Jahre 1999 restauriert, und kehrte am 17. April 2000 wieder in die Nicolaikirche zurück. Hier stellte man ihn in einer Holzlade mit Schaufenster im Kirchenschiff aus. Dies wurde der Figur während des Augusthochwassers 2002 zum Verhängnis: Während der Überschwemmung der Kirche trieb der „Mirakelmann“ zwei Tage im Wasser und erlitt dabei schwerste Schäden. Anschließend musste die Figur abermals aufwendig für 98.000 Euro restauriert werden und ist seit Juli 2005 in der Lade auf der Orgelempore zu sehen.

St. Nicolaikirche (2025)

Die ev.-luth. St. Jacobikirche

Ursprung & Baugeschichte
Vom einstigen industriellen Aufschwung Döbelns im 19. Jahrhundert und dem damit verbundenen Wachstum der Stadt zeugt die St. Jacobikirche in der Bahnhofstraße.
Das Patronat dieser zweiten lutherischen Kirche in Döbeln obliegt dem heiligen Jakobus, Bruder des Johannes, einer der zwölf Jünger Jesu Christi sowie nach dessen Himmelfahrt einer der zwölf Apostel. Dieser wurde im Jahre 44 n. Chr. durch den von den Römern eingesetzten König Herodes Agrippa I. in Jerusalem hingerichtet. Somit gilt er als erster Märtyrer unter den Aposteln und stand im frühen Mittelalter sehr oft Pate als Namensgeber vieler Kirchen. So gab es mindestens ab 1385 neben der Nicolaikirche auch schon eine für den damaligen Döbelner Westen, der „Niederstadt“ mit ihrem Gottesacker, errichtete Jacobikirche am Niedermarkt. Für dieses Jahr wird nämlich die Stiftung eines Altars der heiligen Barbara durch den Rat erwähnt, welcher durch den Bischof Nicolaus von Meißen geweiht wurde. Da man in diesem Gotteshaus auch Reliquien der Gebeine des heiligen Jakobus verehrte, wurde es zu einem Wallfahrtsort. Vermutet wird der Standort auf dem heute dort befindlichen nordöstlichen Eckbau des Niedermarktes gegenüber der früheren Tankstelle oder der heutigen Bäckerei Körner. Möglich wäre auch ein Standort auf der anderen Seite der Johannisstraße, dem Standort des Wohnblocks. Die Kirche diente zuerst als Begräbniskapelle für den ursprünglich dort angelegten zweiten Gottesacker westlich der Altstadt. Um diesen bildete sich dann die sogenannten „Niederstadt“. Somit stieg St. Jacobi zur Nebenkirche der Hauptkirche St. Nicolai auf. Der ursprünglich weit größere, zum Niedertor reichende, Niedermarkt trug damals den Namen „Jakobikirchhof“. Wie ein Großteil der Stadt und das Benediktinerinnenkloster fiel auch St. Jacobi dem großen Stadtbrand von 1523 zum Opfer. Ein Wiederaufbau blieb aus.

Historische Ansichtskarten St. Jacobikirche

Erst mit dem immensen Wachstum der Stadt während der Industrialisierung um 1880/90, der Errichtung der Garnison sowie der „Verkleinerung“ des Kirchenraums von St. Nicolai durch die Sanierungsmaßnahmen des 19. Jahrhunderts –es mussten teilweise mehrere Gottesdienste nacheinander abgehalten werden– beschloss der Kirchenvorstand der Döbelner Gemeinde am 04. November 1900 nach einer Visitation die Notwendigkeit der Errichtung einer zweiten Predigtstelle, eine Kirche im neu entstandenen Döbelner Westen, welche den historischen Namen der Kirche am Niedermarkt quasi als Tradition der „Westkirche“ Döbelns aufnahm. Im Januar 1902 fand die Bestätigung durch die königliche Superintendentur statt. Als Interim dienten zu dieser Zeit sogar die Schulen in Großbauchlitz, Ebersbach, Oberranschütz und die Turnhalle der Körnerplatzschule, um zusätzlichen Gottesdienstbesuchern Raum zu bieten. Nicht nur viele Betriebe der Metallverarbeitung siedelten sich im Döbelner Westen an, auch wurden dort entlang der Bahnhofs- sowie der Burgstraße und ihren Nebenstraßen die Arbeiter dieser Betriebe in gründerzeitlichen Mietshäusern angesiedelt. Auch die Döbelner Kaserne mit ihren Soldaten und Offizieren lag in unmittelbarer Nähe. Beste Voraussetzungen also, eine neue Kirche zu bauen. Als alternative Bauplätze standen das Burgstadel sowie die Ecke Leisniger Straße / Reichensteinstraße zur Debatte. Zugunsten neuer Industrieanlagen verworfen, reichte Kaufmann Clemen den Antrag ein, die Kirche auf dem heutigen Standort, dem Stadtgemeindeplatz, zu errichten. Allerdings war der heutige Bau vor allem aus Kostengründen auch lediglich als Interim gedacht. Das sollte immerhin ein halbes Jahrhundert lang genutzt werden. Vielleicht war man der Annahme, dass die Döbelner Gemeinde weiter anwächst – keiner konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass 50 Jahre später eher das Gegenteil der Fall war. Nachdem ein Fachwerkbau verworfen wurde, fand der erste Spatenstich am 06. Juli 1903 statt. Bereits am 13. Dezember desselben Jahres konnte der Schlussstein gesetzt werden und am 15. September 1904 (Der erste Gottesdienst fand drei Tage später, am 18. September, statt.) konnte die inmitten der mehrstöckigen Wohnhäuser eingebettete, etwas unscheinbar und unauffällig wirkende neue Döbelner Kirche nach einem Jahr Bauzeit geweiht werden. Die Kosten beliefen sich auf gut 40.000 RM. Nach 381 Jahren gab es in Döbeln wieder zwei Kirchen. Ihr Standort an der Bahnhofstraße liegt weit außerhalb der Innenstadt in Höhe des damaligen Schlachthofes sowie einer Gießerei. Die Kirche wurde in unmittelbarer Nachbarschaft des Pferdebahndepots errichtet, an dessen Stelle heute der evangelische Kindergarten St. Florian steht, sowie nördlich des heutigen Hauptstützpunkts der Döbelner Feuerwehr. Letztlich übernahm sie aber, wie einst die alte Kirche am Niedermarkt, die Rolle des Gotteshauses für den Döbelner Westen, nur dass dieser sich nun um einige Kilometer verschoben hatte.

Als Orgel diente zuerst ein durch die Dresdner Jacobigemeinde geschenktes Instrument aus einer alten Stiftskirche, welches die Firma Keller aus Ostrau installierte. Bereits 1906 wurde sie durch ein neues Instrument der Rochlitzer Orgelbaufirma Alfred Schmeisser ersetzt. Die Kosten hierfür standen mit 3.400 RM zu Buche.
Verworfen wurden die bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges vorhandenen Pläne, der Jacobikirche einen Teil des Pfarrbezirks der Nicolaikirche als eigene Gemeinde zuzuordnen. In der Jacobikirche fanden ebenso bis 1918 auch die Gottesdienste der benachbarten Döbelner Garnison statt.
Wie bei vielen Kirchen dieser Zeit wurden auch zwei Glocken von St. Jacobi Opfer des Ersten Weltkrieges, um für die Produktion von Munition als Rohstoffquelle zu dienen. Erst im Jahre 1922 konnten zwei neue Glocken ihren Dienst „antreten“. Bis heute werden diese noch via Seil mit der Hand geläutet.

Jacobikirche nach der „Instandsetzung“ des Turmes 1980 – die Turmlaterne verschwand, es wurde ein neuer Anstrich angebracht (bei genauerem Hinsehen ziemlich dürftig)

Im Wesentlichen blieb die weitere Geschichte der Jacobikirche relativ unspektakulär. Vor allem während der DDR-Zeit aber war das Gotteshaus zusehends dem Verfall preisgegeben, da für christliche Einrichtungen durch die Priorisierung des Wohnungsbaus und der permanenten Mangelwirtschaft weder finanzielle noch bauliche Mittel zur Verfügung standen. Dieses Schicksal ereilte sie, da sie einerseits nicht die Hauptkirche Döbelns war und zudem aufgrund der Kirchenflucht an Bedeutung verlor. Im Gegensatz zur Nicolaikirche besaß auch aufgrund ihres jungen Alters nicht so viel historischen Wert. So kam es, dass ab 1971 der Kirchenraum geschlossen wurde und die Gottesdienste lediglich im Raum unter der Orgelempore angesiedelt wurden. Eine Rekonstruktion des Kirchturmes um das Jahr 1980, der dabei seinen heute noch vorhandenen dunkelgelben Anstrich erhielt, kann lediglich als „Flickschusterei“ angesehen werden, da der Rest des Kirchenbaus unsaniert blieb und gleichzeitig die Laterne des Turmes entfernt wurde. Es passierte zu dieser Zeit im damaligen Kreis Döbeln häufig, dass Turmaufsätze sowie Laternen und Turmspitzen von Kirchen entfernt wurden oder einfacheren Ausführungen weichen mussten, da weder Geld noch Material vorhanden war. Man versuchte, den Schaden möglichst zu begrenzen. So erhielt die Jacobikirche ihr heute noch vorhandenes, wohl endgültiges Erscheinungsbild. Mit solchen Reparaturen konnte man jedenfalls das Kirchengebäudes nicht dauerhaft erhalten. Im Jahre 1986 wurden endgültig jegliche Gottesdienste und andere kirchliche Nutzungen wegen des desolaten Zustands des Baus eingestellt und das Gotteshaus fristete nunmehr ein trostloses Dasein.

St. Jacobikirche (2017)

Erst nach der Wende 1989/90 konnte die Döbelner Gemeinde wie bei der Nicolaikirche Mittel aktivieren, um auch diesem Glaubensort neues Leben einzuhauchen. Aufgrund der niedrigen Mitgliederzahlen der Gemeinde wurde aber klar, dass keine Kirche im Sinne früherer Definition mehr gebraucht wurde, sondern eher etwas wie ein Gemeindezentrum. Im Dezember 1991 beschloss der Kirchenvorstand, Maßnahmen zur Ertüchtigung des Baus für diese Nutzung anzustreben. Es folgte eine äußere Instandsetzung der Kirche durch Gemeindemitglieder und ABM-Kräfte. Von November 1992 bis zur feierlichen Wiederweihe durch einen Gottesdienst am 11. Mai 1997 wurden dafür gut 290.000 DM investiert, um eine „Mehrfachnutzung“ – ein Raum für Gottesdienste (u.a. monatlich stattfindende Abendgottesdienste am ersten Sonntag und „diakonische“ Gottesdienste), Ausstellungen, Kirchenkreise (vor allem für die Jugend), Konzerte aufgrund der guten Akustik (u.a. für das Döbelner Kammerorchester) und weitere Nutzungen herzustellen. Es wurde ein guter Kompromiss zwischen traditioneller und moderner Nutzung gefunden, um auch den niedrigen Mitgliedszahlen an evangelischen Christen Rechnung zu tragen – ohne dabei diesen kirchlichen Raum aufzugeben. Auch die mutwillige Zerstörung einiger Buntglasscheiben war diesem Unterfangen nicht dienlich, sodass es zwischenzeitlich zu Finanzierungslücken kam und eine Fertigstellung in den Sternen stand. Die vielfältige Neunutzung St. Jacobis unterstrich eine ab Ende März 1997, kurz vor der Wiederweihe stattfindende Ausstellung mit Plakaten des Künstlers Pablo Picasso.
Doch auch die Jacobikirche blieb vom Hochwasser im August 2002 nicht verschont, auch wenn die Fluten vor der Kirche Halt machten. Da sie auf Schwemmsand gebaut wurde, hob sich der Kirchenboden. 129.000 Euro mussten aufgewendet werden, um den Fußboden wieder instand zu setzen, Stützmaßnahmen zu bauen sowie den Küchen- und Sanitärtrakt neu einzurichten.

Eingang des evangelischen Kindergartens St. Florian mit dem gläsernen Verbindungsgang zur Kirche

Eine weitere Aufwertung erfuhr St. Jacobi durch die 2005 erfolgte Eröffnung des neuen evangelischen Kindergartens St. Florian in unmittelbarer Nachbarschaft. Damit kam es zu einer weiteren Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes.
Kleineren Ausbesserungsarbeiten wurden im Jahre 2014 durchgeführt. Die in den 1990er Jahren bei der Sanierung vernachlässigte Beleuchtung wurde bis August für rund 10.000 Euro auf den neuesten Stand gebracht und ermöglichte eine bessere Ausleuchtung des Innenraums. Auch packte man die Erneuerung sowie Sicherung einiger Bleiglasfenster an, für deren Finanzierung allerdings noch Spenden gesammelt werden mussten.
2023 sollte die Orgel von 1906 – zumindest der noch vorhandene Prospekt, also das Gehäuse, endgültig verkauft werden. Aufgrund der fehlenden Nutzung wurde diese überflüssig und nahm zugleich Platz für Ablagerungsmöglichkeiten des Kindergartens weg. Bereits seit 2014 stand es für die Gemeinde unfraglich zur Debatte, die Orgel nach und nach zu entfernen. So konnten die Pfeifen in den folgenden Jahren einer Gemeinde gegeben werden, welche wie St. Jacobi im Besitz einer Schmeisser-Orgel war und neue Teile für eine Instandsetzung benötigte. Der Orgelprospekt wird heute dennoch in die vorhandene Nutzung integriert.
Im April 2025 wurde die Kirche deutliches Zeichen der „Ökumene“, also der Zusammenarbeit evangelischer und katholischer Konfession in Döbeln, da die römisch-katholische Gemeinde St. Johannes eine Unterkunft bekam, während in ihrer Kirche Sanierungsarbeiten stattfanden.

Relief „Jesus Christus“ über dem Eingang der Kirche

Baubeschreibung
Den Entwurf für diese Kirche lieferte kein Geringerer als der Architekt des Rathauses, Stadtbaurat Otto Richter – ihm oblag auch die Bauausführung. Jedoch kann seinem Schaffen durch den Mix verschiedener Bauformen kein einheitlicher Architekturstil zugeordnet werden. Geneigte Kenner der Kirchenarchitektur können aber Formen neoromanischer Einflüsse durch die vielen Rundungen, z.B. der Abschlüsse der Kirchenfenster, erkennen. Den Baukörper bildet ein untypischerweise mit dem Altar gen Westen zeigendes Kirchenschiff mit Querschiff, dreiseitigem Chorraum an der Westseite und den an das Schiff angeschlossenen Turm an der östlichen Kirchenseite, zur damaligen Zeit mit einer Laterne gekrönt. Insgesamt erreichte der Turm eine Höhe von gut 35 Metern. Flankiert wird der den Bau dominierende Ostturm von zwei kleineren, im oberen Teil achteckigen Treppentürmchen mit Spitzdächern. An der nordwestlichen Ecke des Baus schließt sich die Sakristei an. Die Ausrichtung gen Westen ergab sich wohl aus der Lage des Baugrundstückes, da der Kircheneingang normalerweise immer im Turm zu finden ist und die heutige Straße „An der Jacobikirche“ östlich an die Kirche grenzt, durchbrach man wohl die Norm der Ostausrichtung, um einen kürzeren Weg von dieser Straße zu haben. Prägnant ist das Relief „Jesus Christus“ über dem Eingang der Kirche von Prof. Weinhold aus Dresden. Es zeigt den erhöhten Christus samt dem Buch mit den sieben Siegeln, eine Szene aus der biblischen Offenbarung des Johannes, Kapitel 1.

Altarraum der Jacobikirche

Altarfenster im Detail: Der Apostel Jakobus (l.), der wiederkommende Christus (M.) sowie der Apostel Johannes (r.)

Leerer Orgelprospekt als Erinnerung an die vollwertige Nutzung als Gotteshaus (1), Fensterbild mit Darstellung Jesu Christi mit den Emmausjüngern (2), Kirchenraum von der Orgelempore aus gesehen (3), Fensterbild mit der Darstellung der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer (4) als Gegenstück zur Dastellung der Emmausjünger

Innenansicht der St. Jacobikirche (Historische Ansichtskarte)

Dominiert wird der teils im Jugendstil gestaltete Innenraum der Jacobikirche durch aus dunklem Holz gefasste Einbauten wie der Empore, dem neoromanischen Altaraufsatz (errichtet wurde der Altar durch Baumeister Dittrich), dem Lesepult, der Kanzel sowie der Orgel. Ebenfalls hölzern, jedoch farblich anders gestaltet, ist die in Trapezform gehaltene Decke, welche auf der Emporenkonstruktion ruht. Unterhalb der Kanzel befindet sich seit 1930 der dorthin verlegte Schlussstein von 1903. Ungewöhnlich ist, dass dieser wohl sämtliche Beigaben und Dokumente enthält, die normalerweise im Grundstein ruhen. In der Kapsel sollen der Bauplan der Kirche, zwei Exemplare der Tageszeitung vom 13. Dezember 1903, ein Gesangbuch, ein Adressbuch sowie der Haushaltsplan der Stadt Döbeln von 1903 befinden.
Die für die Kirche charakteristischen, bunt gestalteten Fenster sind mit Glasmalereien der Leipziger Werkstatt Schulze & Stokinger nach Entwürfen des Leipziger Akademieprofessors Erhard Ludwig Winterstein gestaltet worden. Im mittleren Fenster über dem Altar ist der wiederkommende Christus zu sehen, auf den Fenstern daneben rechts Johannes und links sein Bruder Jakobus mit Muschelhut und Wanderstab. Über den Emporen werden Taufe und Abendmahl in Form der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer sowie die Emmausjünger in den Fensterbildern gezeigt. Die durchgehende Ausmalung des Innenraums in Rot, Blau und Gold wirkt nicht nur dezent, sondern kann als Symbolik für die drei christlichen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung sowie als Allegorie für das „himmlische Jerusalem, das aus Gold und Edelsteinen gebaut ist“ dienen, wie es in der Bibel, Offenbarung des Johannes Kapitel 21, beschrieben wird, und für die Kirche Jesu Christi steht. Anscheinend standen Motive der apokalyptisch ausgerichteten Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel (es handelt sich ja schließlich um das Weltende), im Mittelpunkt der Ausgestaltung dieser Kirche.

Ursprünglich konnte die Jacobikirche 800 Sitzplätze bieten, 285 davon auf den Emporen. Sie wurde mit Gasglühlicht aus Dresdner Beleuchtungskörpern beleuchtet.
Durch die Neugestaltung des Innenraums im Zuge der Sanierung 1997 erfuhr die Kirche eine horizontale Teilung mittels Trennwand. Der Kirchenraum wurde um fünf Meter gekürzt, da im ehemaligen Foyer unter der Orgelempore eine kleine Küchenzeile sowie neue Sanitäranlagen errichtet wurden. Eine Besonderheit des Kirchenbaus war, dass bereits zur damaligen Zeit Toiletten integriert wurden. Im Zuge dessen wurden die Kirchenbänke durch eine variierbare Bestuhlung des Kirchenschiffes ersetzt, um der neuen Nutzung als Mehrzweckraum Rechnung zu tragen.

St. Jacobikirche (2025)

Die röm.-kathol. St. Johanniskirche

Die einzige katholische Kirche ist die jüngste der Döbelner Kirchen, zumal die Bildung der katholischen Gemeinde auch erst mit dem Wachstum Döbelns und der Genehmigung des katholischen Glaubens in Sachsen im Jahr 1806 einherging.
Das Patronat für die katholische Kirche Döbelns liegt bei einem der zwölf Jünger Jesu Christ – nach dessen Tod Apostel genannt – Johannes. Mit der Kirche des Benediktinerinnenklosters gab es bereits ab 1330 eine Kirche St. Johannes, dabei war jedoch Johannes der Täufer gemeint (dieser taufte die Israeliten im Jordan und vor allem auch Jesus Christus – bezeichnet wurde er als „Vorbote des Messias“). Diese Kirche wurde nach der Reformation in Döbeln 1539 aufgegeben, Reste des Baus existierten noch bis ungefähr 1700 im heutigen Klostergässchen. Ebenso war der Apostel Johannes Verfasser des jüngsten Evangeliums im Neuen Testament, somit Zeuge sowie Chronist der Taten und Wunder Jesu. Jedoch grenzte er sich dabei von den anderen drei Synoptischen Evangelien Markus, Matthäus und Lukas deutlich ab. Er gilt laut Paulus neben Petrus und Jakobus als eine der „Säulen der Kirche“ und war der einzige Apostel, der im Jahre 101 n. Chr. eines natürlichen Todes starb. Sein Bruder war der Apostel Jakobus, Namenspatron der St. Jacobikirche – man kann also sagen, zwischen den zwei jüngeren Döbelner Kirchen besteht eine Verbindung. Dies soll aber nicht die einzige beider Kirchen sein, doch dazu später mehr.

Aufruf zu einer Spende durch den kathol. Kirchbauverein Döbelns

Bis zur Einführung der Reformation in Döbeln 1539 war die Stadt römisch-katholisch. Nach 1539 gab es dann quasi kein katholisches Leben mehr in Döbeln, wie vielerorts auch. Erst am 15. Januar 1852, also gut 332½ Jahre nach der Reformation, fand in der Wohnung des Döbelner Spinnmeisters Schärf der erste katholische Gottesdienst nach 1539 statt, bei der alle 23 Katholiken Döbelns teilnahmen. Pfarradministrator P. Franz Merker leitete unter Bischof Dr. Joseph Dittrich diesen Gottesdienst. Erst um 1885 bildete sich wieder eine grundständige römisch-katholische Gemeinde durch zugezogene Beamte und Angestellte sowie polnische Saisonarbeiter aus der Landwirtschaft. Wohl gehörten auch einige der durch die boomende Industrie zugezogenen Neu-Döbelner dieser Konfession an. Von 1852 bis 1863 fanden jährlich zwei katholische Messen, von 1863 bis 1892 drei- bis vier und 1893 sogar sechs katholische Gottesdienste statt. Zusätzlich wurden auch zwei durch die katholische Zivilgemeinde besuchte Militärgottesdienste in Döbeln abgehalten.

Historische Postkarten der St. Johanniskirche

Zum 01. Juli 1905 wurde Döbeln Teil des Seelsorgebereichs der von Meißen neugegründeten Riesaer Lokalkaplanei. Nach der Gründung der „Freien Vereinigung katholischer Glaubensgenossen von Döbeln und Umgebung“ am 04. Oktober 1905 zum engeren Zusammenschluss der Döbelner Katholiken wurde bereits zum 01. Januar 1906 unter Anregung des Riesaer Kaplans und Expositus Sarenk ein Kirchenbaukomitee ins Leben gerufen, um Döbeln ein katholisches Kirchengebäude für die Glaubensbrüder und -schwestern zu geben, da die Gottesdienste bisher interimsmäßig in den Turnhallen der Schloßberg- sowie der Körnerplatzschule stattfanden, ähnlich wie für die vergrößerte evangelische Nicolaikirchgemeinde, die sich durch den Bau der Jacobikirche Abhilfe verschaffte. Zudem verlangte die Stadt eine sehr hohe Miete für die Turnhallennutzung, jedoch nur sonntags, also auch nicht an katholischen Feiertagen unter der Woche. Dies war ein unhaltbarer Zustand für die Döbelner Katholiken. Bereits 1906 konnten durch das Kirchenbaukomitee 12.000 RM aufgebracht werden. Anscheinend war die Döbelner Katholikengemeinde derart groß, dass nicht nur der Bau oder die Einrichtung eines Bethauses wie in den anderen Städten Roßwein, Waldheim oder Leisnig ausreichte, sondern direkt ein ganzes Kirchengebäude mit Turm und allem Drum und Dran angestrebt wurde.
Am 21. Dezember 1906 beantragte das Apostolische Vikariat die Genehmigung der Döbelner Expositur (also eines abgegrenzten, selbstständigen Seelsorgebezirkes innerhalb einer Pfarrei). Diese wurde mit dem 01. April 1911 gegründet und am 16. Mai wurde Kaplan Paul Kunze als erster ständiger Seelsorger in Döbeln eingeführt. Ihm unterstanden 1.475 zerstreute katholische „Schafe“ sowie sommers zahlreiche polnische Landarbeiter.

Aufnahme aus dem Jahr 1913 während des Baus der Kirche.

Nach sieben Jahren konnte, nachdem am 20. Mai 1913 ein Ersuchen zur Genehmigung eines Kirchbaus in Döbeln beim sächsischen Kultusministerium eingereicht und am 07. Juli 1913 die Baugenehmigung erteilt wurde, schließlich am 31. August durch den Konsistorialpräses Georg Kummer während einer wirtschaftlich schwierigen Zeit endlich der Grundstein für ein katholisches Kirchengebäude mit anschließendem Pfarrhaus gelegt werden. Der Bauplatz befindet sich in der damaligen Bismarckstraße, der heutigen Rosa-Luxemburg-Straße, am südlichen unteren Ende des Staupitzberg-Abhanges, gegenüber dem neuen Gebäude des Amtsgerichtes. Heute dominiert die Kirche den Parkplatz des südlich gelegenen Stadtbades sowie die Eigenheimviertel der Klostergärten und der Nordstraße.
Der Weg bis zur Grundsteinlegung war steinig. Letzte Widerstände gab es durch das Gericht, ausgerechnet ihm gegenüber wurde dann bekanntermaßen die Kirche errichtet.

Nach dem Richtfest bereits am 09. Oktober 1913 konnte Konsistorialpräses Kummer zum 06. Februar 1914 die drei im Rohbau angebrachten Glocken und am 30. August 1914 die Kirche selbst einweihen und feierlich segnen, ebenso am 24. Januar 1915 den Herz-Jesu-Altar. Nach Plänen des Dresdner Architekten Robert B. Witte und unter der Ausführung durch Otto Eulitz aus Döbeln erbaut, konnte die neue Kirche St. Johannes Evangelist und Apostel schließlich am 08. Oktober 1916 durch den Bischof Dr. Franz Löbmann neben einer Firmung von ca. 400 jungen Menschen konsekriert werden – Konsekration meint dabei die liturgische Weihe in geistliche Funktionen. Zudem geschah dies fünf Jahre vor Wiedergründung des katholischen Bistums Meißen, welches durch seine Lage in weitestgehend evangelischen Gefilden als „Diasporabistum“ bezeichnet werden kann. Den Bau inmitten der Nöte des Ersten Weltkrieges kann man als Besonderheit sehen, da durch den Krieg viele andere Bauprojekte zum Erliegen kamen. Es heißt in einer Gedächtnisschrift über die Arbeit des Architekten: „Auch da, wo wie in Döbeln die zur Verfügung stehenden Mittel sehr beschränkt waren, hat der Architekt es verstanden, den Geist der Feierlichkeit und der Erbauung in das knappe Gebilde einzufangen“ vermocht. Das Bonifatiuswerk Paderborn unterstützte die Errichtung der Döbelner Pfarrkirche. 1919 fand die Weihe des Kreuzweges statt.

Relief über dem Eingang der Kirche

Die zwei kleineren der drei Bronzeglocken hatten kein langes Leben und wurden bereits 1917 für Kriegszwecke – also der Verarbeitung des Metalls zu Munition – aus dem Turm entfernt und eingeschmolzen. Erst 1922 konnte das Geläut wieder komplettiert werden, bis dato musste die große Glocke alleine läuten.
Am 24. Juli 1923 schließlich wurde die heute noch existierende Pfarrei St. Paulus durch die Erhebung von der Expositur Mittweida zur eigenen Pfarrei mit Wilhelm Salm als erstem Pfarrer gegründet.
Die neue Orgel von St. Johannes wurde am 17. April 1938, dem Ostersonntag, eingeweiht. Die erste Orgel der Kirche war ein kleines Mietinstrument, welche mehr schlecht als recht seinen Dienst erfüllte. Es war von Anfang an marode, mit elf Registern spärlich ausgestattet und konnte nur mühsam eine ausreichende Akustik erzeugen. Durch die nur mäßige Beheizung und hohe Luftfeuchtigkeit im Kirchenschiff litt jedoch das neue, weitaus größere (wenn auch schon gebrauchte) neue Instrumentarium auch unter diversen Kinderkrankheiten und musste bereits nach einem Jahr wieder instandgesetzt werden. Weitere Reparaturen schlossen sich auch teils unter widrigen Bedingungen, vor allem während des Krieges, an.
1942 wurde der Chorraum erstmals neu gestrichen und umgestaltet, ebenso neu gestrichen wurden die Nischen der beiden Seitenschiffe.

Johanniskirche mit Pfarrhaus (2024)
Innenansicht der katholischen St. Johanniskirche (© Jörg Blobelt, 2010)

Auch das Geschehen des Zweiten Weltkrieges ließ die Döbelner katholische Kirche nicht verschont, da die große und mittlere Glocke am 17. Dezember 1942 erneut zu Kriegszwecken abgenommen wurden. Dieses Mal hat die große Glocke den Krieg nicht überlebt. Ebenso wurde die Johanneskirche während der letzten Kriegstage ab 22. April 1945 ein Hauptverbandsplatz für das Heer.
Ein wesentliches Gemeindewachstum fand nach 1945 durch den Zuzug heimatvertriebener Familien aus Schlesien, Ostpreußen, dem Sudetenland sowie Ungarn statt. Vor allem Menschen aus traditionell katholisch dominierten Gebieten wie Oberschlesien bereicherten nunmehr die hiesigen katholischen Gemeinden. Die Gemeinde musste deshalb teilweise nach Mochau, Beicha, Technitz oder andere Dörfer der Umgebung ausweichen.
Als Ersatz für die 1942 abgenommenen Glocken wurden erst im Sommer 1958 zwei neue Glocken aus Stahl geweiht. Seitdem schlagen die Glocken wieder dreimal täglich im vollen Klang – um 7, 12 sowie 18 Uhr. 1968 wurde die händische Betätigung durch Zugseile durch ein elektrisches Läutwerk ersetzt.

Ab dem 12. Juli 1969 begann u.a. durch das Ausheben des Heizungsschachtes im Mittelgang die wesentliche und sehr einschneidende, man kann schon sagen radikale, Umgestaltung des Innenraums der Kirche. Da im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) unter Papst Johannes XXIII. neben der verstärkten Öffnung der katholischen Kirche zur Welt und anderer Religionen sowie der vermehrten Betonung der Menschenrechte und der Religionsfreiheit eine aus liturgischen Gründen erfolgte Zentrierung der Gemeinde um den Altarraum in der Mitte geschah (die Gemeinde sollte sich nun in der Mitte befinden), wurde letzteres auch in St. Johannes umgesetzt. Der ursprüngliche Altarraum wurde mitsamt der alten Sakristei zur Schaffung von Gemeinderäumen abgetrennt, eine Zwischendecke eingezogen und der restliche Innenraum dementsprechend gestaltet, also die Bestuhlung im Halbkreis vor dem Altar angeordnet. Dadurch wurden auch neue, bewegliche Bänke eingeführt. Des Weiteren wurde eine neue Sakristei im hinteren Teil der Kirche eingerichtet, der alte Altar, Taufstein sowie die Seitenaltäre entfernt und eine neue weiße Ausmalung vorgenommen. Zusätzlich wurde noch ein Beichtraum geschaffen. 1972 wurden für den Kreuzweg neue Tontafeln geweiht (diese werden heute wieder durch die alten überdeckt).
Der neue Altar wurde am 24. März 1972 durch Bischof Gerhard Schaffran geweiht und somit die Umgestaltung der Kirche abgeschlossen. Die Umgestaltung geschah durch den Flöhaer Architekten Hubert Paul.
Im Dezember 1973 bekam die Johanneskirche eine bronzene Madonnenstele als Geschenk des Münsteraner Weihbischofs.
1979 wurde ab dem 19. Mai der Turm neu eingedeckt (wie oft zu dieser Zeit wurden die Dachziegel durch Kupferbedeckung ersetzt), am 30. August selbigen Jahres wurde diese Baumaßnahme durch das Aufsetzen einer neuen vergoldeten Kugel und eines neuen Kreuzes beendet – zuvor wurde der Turm durch Kugel und Wetterhahn gekrönt. Nachdem mit dem 09. April 1980 der Abriss der alten Orgel begann, konnte zum 27. Mai 1982 die neue – inzwischen dritte – Orgel, gebaut von der Firma Jehmlich aus Dresden, durch Generalvikar Georg Ahne geweiht werden. Nötig wurde der Orgelneubau, da bereits ab Ende der 1940er-Jahre ein Manual nicht mehr bespielt werden konnte und Holzwurmbefall die Orgel leiden ließ. Zum Schluss funktionierten beim zweiten Manual auch nur noch einige Register. Die neue Jehmlich-Orgel indes beendete das andauernde „Orgeldilemma“ und verfügte nunmehr über ca. 1.200 Metall- und Holzpfeifen sowie über ein „Rückpositiv“, was die Leitung des Chores durch den orgelspielenden Kantor vereinfachte. Das Orgelprospekt ist schlicht in hellem Holzfurnier gehalten.
Noch zu DDR-Zeiten, im Jahre 1986, konnte eine neue Heizung eingebaut und die Gemeinderäume erneuert werden.

St. Johanniskirche 2024

Nach der Wende 1989/90 konnte der Investitions- und Sanierungsstau der DDR-Zeit aufgelöst werden. Schnell wurden Maßnahmen wie die Neueindeckung des Daches von Kirche und Pfarrhaus, eine Erneuerung der Elektroanlage der Gebäude, der Einbau neuer Fenster sowie einer zeitgemäßen Heizungsanlage getätigt. Letztlich konnte auch im Frühjahr 1995 eine Innenrenovierung des Pfarrhauses sowie ab April 1996 bis 1997 andauernde Malerarbeiten im Inneren der Kirche begonnen werden. Dabei wurden alte Farbschichten abgebeizt und Risse in Decken und Wänden beseitigt sowie die 1970 verblendeten Kirchensäulen wieder freigelegt. Dadurch fand eine größere Betonung des Charakters des Kircheninneren statt. Eine Zentrierung des Altargemäldes konnte erreicht werden, indem das 1970 vom Dresdner Kunstmaler Teufel geschaffene Altargemälde gesäubert sowie die darin dominierende Farbe für Deckengemälde und Holztrennwände verwendet wurde. Auch wurde eine Glastrennwand zum Vorraum der Kirche eingezogen und der Fußboden neugestaltet. Für diese Maßnahmen wurden gut ca. 400.000 DM investiert, während die Gemeinde gleichzeitig 150.000 DM für die Renovierung des Roßweiner Gebetshauses ausgab. Im April 1999 erhielt die Gemeinde eine Lindenholzfigur des Patrons, dem Heiligen Johannes, als Stiftung einer ehemaligen Döbelnerin.
Sorgen machte indes Ende Oktober 2014 die Aufhängung der letzten verbliebenen Bronzeglocke, welche erneuert werden musste – sonst wäre es zu erheblichen statischen Problemen am Kirchturm gekommen. Für eine bessere Verständlichkeit des Priesters sorgt am 2015 eine Lautsprecheranlage in der Kirche.

Des Weiteren bekam das Kirchengebäude sowie das Pfarrhaus von Oktober bis Dezember 2017 einen neuen Außenputz. Dabei wurde auch der ursprüngliche sandfarbene Ton des äußeren Erscheinungsbildes wieder hergestellt. Durch den Weinstockbewuchs des Kirchturms wurden nach dessen Entfernung Schäden am Putz ersichtlich, welche diese Maßnahme erforderlich machten. Unsachgemäße Ausbesserungen im Laufe der letzten 100 Jahre führten ebenso zu Nässeschäden im Inneren der Kirche, welche behoben wurden. Am Ende schlugen die Maßnahmen mit 200.000 bis 250.000 Euro zu Buche.

Wohl bis zum Oktober 2025 werden in der St. Johanneskirche grundlegende Umbauten und Renovierungsmaßnahmen durchgeführt. Dazu wurde am 22.04.2025 die Kirche durch Gemeindemitglieder beräumt (Bänke sowie sakrale Gegenstände wurden entfernt). Einige davon zogen mit um in die Jacobikirche, in der die katholische Paulusgemeinde bis zum ersten Advent im November 2025 ihre Gottesdienste abhalten wird. Im Zuge der Umbaumaßnahmen sollen 1969 abgeschlagene Kapitelle wieder freigelegt und ergänzt sowie ein Einbau aus dieser Zeit entfernt werden, der dem Kirchenarchiv diente. Dadurch wird die zugemauerte Arkade sowie das Portal zum Pfarrhaus wieder freigelegt. Ebenso sollen die bunten Chorfenster restauriert und über die nördlichen Fenster des Kirchenschiffes gehangen werden. Anschließend können wesentliche Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen stattfinden. Die Kosten von gut 450.000 Euro werden mit 75.000 Euro durch das Bonifatiuswerk Paderborn (wie schon der Kirchenbau) sowie 5000 Euro aus der Dietmar-Sandow-Stiftung gestützt, eventuell kommen weitere Förderungen dazu.

Baubeschreibung
Ebenso wie ihre „Bruderkirche“ St. Jacobi (Anspielung auf die Brüder Johannes und Jakobus als Patrone dieser beiden Kirchen) ist die Johanneskirche mit ihrem Altar auch gen Westen ausgerichtet. Das Baugrundstück bot wohl nur Raum für einen Eingang im Osten der Kirche. Nordöstlich an den Kirchenbau schließt sich direkt das Pfarrhaus an.
Gehalten ist dieses Ensemble in einer schlichten Architektur, die unterschiedliche Elemente wie die des Jugendstiles aufweist. Dominiert wird der Bau durch den mächtigen Turm mit Kegeldach, der neben Rathaus und St. Nicolai das Stadtbild prägt. In ihn gelangt man durch ein Rundbogenportal in das Innere der Kirche.
Das Kircheninnere ist seit den Umbauten zu Beginn der 1970er Jahre schlicht gehalten. Früher vom Herz-Jesu-Altar mit großer Jesus-Figur, dahinter befindlichen bunten Glasfenstern sowie massiven Seitenaltären geprägt, dominiert heute Bild über dem Altar des Dresdner Kunstmalers Rudolf Teufel. Es zeigt ein Wort aus dem Johannesevangelium: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“. Das Standkreuz stammt ebenfalls von Teufel. Die Gewölbe im Kirchenraum sind lediglich Attrappen, die geputzte Holzkonstruktion ist lediglich an dicken Eisendrähten im Kirchenschiff drangehangen. Aufgeteilt ist der Kirchenraum kreuzförmig, was durch die beiden Seitennischen deutlich wird, innerhalb der Quadratur des Kirchenschiffes. Diese Seitennischen weisen jeweils drei große, für den Bau charakteristische Spitzbogenfenster auf. Ersichtlich wird diese Aufteilung auch durch das Kreuzdach. Die oben erwähnte Patronatsfigur, die bronzene Madonnenstele sowie die Gestaltung des Kreuzweges sind einige kunstvolle Elemente des einfachen Kirchenraums.

Abbildungen:
Innenansichten St. Nicolaikirche und Johanniskirche: Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

© Christoph Petzold, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V. (30.08.2025)

Quellen:
Bechter, Barbara: St. Nicolaikirche Döbeln, DKV-Kunstführer Nr. 598/2, Erste Auflage, München, 2002
Blobelt, Jörg; Donath, Matthias; Ev.-Luth. Kirchenbezirk Leisnig Oschatz (Hrsg.): Evangelische Kirchen im Kirchenbezirk Leisnig-Oschatz, Mügeln, 2011
Bunde, Helmut; Ev.-Luth. Trinitatis-Kirchgemeinde Döbelner Region (Hrsg.): Der Altar der St. Nicolaikirche, Broschüre, Döbeln, 2024
Bunde, Helmut; Ev.-Luth. Trinitatis-Kirchgemeinde Döbelner Region (Hrsg.): Der Mirakelmann. Bewegliche Christusfigur für die Passionszeit, Broschüre, Döbeln, 2024
Bunde, Helmut; Ev.-Luth. Trinitatis-Kirchgemeinde Döbelner Region (Hrsg.): Historie der St. Nicolaikirche Döbeln, Broschüre, Döbeln, 2024
Friedrich, Verena; Ev.-Luth. Pfarramt Döbeln (Hrsg.): Döbeln St. Nikolai, Peda-Kunstführer Nr. 149/1994, Passau, 1994
Röm-kath. Pfarrei St. Paulus Döbeln (Hrsg.): 1916-1991 75-jähriges Kirchweihjubiläum St. Johannes Apostel und Evangelist, Broschüre, Döbeln, 1991
https://kath-kirche-doebeln.de/content/st_-paulus/_st_-johannes_-doebeln/index.html
Weitere Quellen: sämtliche Artikel der Zeitschriften Leipziger Volkszeitung, Döbelner Allgemeine Zeitung, Döbelner Anzeiger, Baustiefel, Döbelner Erzähler etc. aus einer Privatsammlung; Informationstafeln im Inneren der St. Nicolaikirche Döbeln; Herr Helmut Bunde, Döbeln, durch eine Kirchenführung, vielen Informationen und Ergänzungen (Vielen Dank an dieser Stelle!)





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