
Der Seifensud zu Döbeln
War einst ein Seifensieder,
zu Döbeln in der Stadt,
ein ehrenwerter Meister,
gewandt in Rat und Tat.
Er hatte schon gesotten,
viel Seifen hart und weich,
und seine Seifen waren
berühmt im ganzen Reich.
Besonders eine Sorte,
nach Eschwege genannt,
mit wunderbarem Marmor,
war weit und breit bekannt.
Denn darin war er Meister,
ob grau, ob rot, ob blau,
drum wurde er verehret
von mancher Wäschefrau.
Er hatte einen Sieder,
der war aus Sachsenland,
von Blasewitz bei Dresden
am schönen Elbestrand.
Einst, es war an einem Montag,
da alle etwas blau,
noch schlief der edle Meister
bei seiner Ehefrau.
Da stand der brave Sieder
schon an des Kessels Rand
und bracht' mit schwacher Lauge
die Fette in Verband.
Und als die Stund' gekommen,
da alles fertig war,
die Seife ausgesalzen,
das Korn war blank und klar.
Da kann zur Frühstückspause
der Meister angerückt,
er freute sich gewaltig
wie alles so geglückt.
Er zog aus seiner Tasche
ein Markstück schnell hervor,
da war der brave Sieder
auf einmal voll Humor.
Er schlich hinaus ganz leise,
das Wirtshaus war nicht weit,
ließ einen Bierkrug füllen,
das bracht' ihm großes Leid.
Der Meister stand am Kessel,
ihn freut der flotte Kern
und ließ die Unterlauge
ab, in die groß' Zistern.
Mit starker Sodalauge
wurd' dann nach altem Brauch
die Seife durchgesotten,
der Schaum verschwand dann auch.
Und mit dem frischen Öle
entstand gar schnell Verband,
dann wurde abgerichtet
wie allen dies bekannt.
Nachdem die Kürzungslösung
der Seife zugemischt,
da war sie beinah fertig,
sie wogt, sie dampft und zischt.
Da hob sich an ein Rufen,
wo ist der Farbentopf,
wo ist der Hans, der Sieder,
ich fasse ihn beim Schopf.
So brüllt der brave Meister
und denkt in seinem Sinn:
der sitzt gewiß im Wirtshaus,
und wirklich, er war drin.
Der Sieder wankt zum Kessel,
schaut in die Flut hinein,
da wogt, da wallt, da wirbelt es
und will entfesselt sein.
Doch auch in seinem Innern,
da wogt es mit Gewalt,
er kann sich kaum noch halten,
ihm wird bald heiß, bald kalt.
Er weiß nicht, was er tut,
der Trank aus seinem Magen
ergießt sich in die Flut.
Da läuft er zu dem Meister,
will seine Schuld gestehn,
will seine Knie umfassen
und ihn um Gnade flehn.
Doch als der nun vernommen
des Sieders letztes Wort,
da reißt ein blindes Wüten,
ein jäher Zorn ihn fort.
Er schlägt mit seiner Rechten
dem Sieder ins Gesicht,
dann stürzt er zu dem Kessel,
er ahnt das Unglück nicht.
Denn sieh, mit einem Schlage
hat sich getrennt der Leim,
die Probe auf dem Glase
sieht aus wie dünner Schleim.
Und Schaumeswogen brechen
empor mit Allgewalt,
der Meister sieht verwundert
wie wild es wogt und wallt.
Der Sieder liegt am Boden,
er schaut sein Werk nicht mehr,
ach Meister, wilder Meister,
du schlugst mich gar zu sehr.
Verdorben ist die Seife,
vergeblich alles Mühn,
wie man sie könnt kurieren
und sie zusammenziehen.
Und stundenlang noch harret
der Meister aus im Dunst,
jedoch die dünne Seife
sie spottet seiner Gunst.
Am späten Abend
wurd' sie gefärbt und ausgefüllt,
der Sieder lehnt am Kessel
- ein wahres Jammerbild.
So ging die Zeit bis endlich
die Form erkaltet war,
des Meisters Blick ist finster,
der Sieder rauft sein Haar.
Doch als die Form geschnitten,
der Seifenblock enthüllt,
da sieht man mit Erstaunen
ein eigenartig Bild.
Als hätten Teufelsfinger
mit Höllenfantasie
gemalt ein Schlachtgetümmel
ja, so was sah man nie.
Der schönste Block,
der wurde im Laden aufgestellt
und trug den Ruhm des Meisters
hinaus in alle Welt.
Das war der Sud zu Döbeln,
der schönen Muldenstadt
wie alles auf der Erde
man ihn vergessen hat.
Der Sieder ist verschollen,
die Siederei ist leer
und fragst du nach dem Meister
-du findest ihn nicht mehr:
Verfasser unbekannt
Veröffentlichung in der Seifensieder-Zeitung und Revue über die Harz-, Fett- und Oelindustrie.
© Michael Höhme, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.
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