Metallwarenfabrik Max Knobloch GmbH
- 1869 gründet Heinrich Wilhelm Schmidt gemeinsam mit Richard Handschuh, der bis dahin eine Blechwarenfabrik in Sachsenhausen bei Frankfurt geleitet hatte, die Blechklempnerei Schmidt und Handschuh in Döbeln. Die Firma stellt in der Waldheimer Straße 54 vor allem feine Haushaltgeräte aus Zinkblech, wie Brotkästen, Briefkästen, Waagen, Eimer, Ofenschirme, Wannen, Kehrschaufeln, Petroleummessgeräte und Kannen her.
- Mitte der 1880er Jahre stirbt Handschuh. Seine Anteile erbt dessen Frau Selma Handschuh, geb. Knobloch. Sie übergibt das Geschäft am 02. Februar 1885 an ihren 25jährigen, aus dem Rheinland stammenden Bruder Max Knobloch, der auch die Anteile von H.W. Schmidt übernimmt.
- Viele Produktionsgebäude in der Waldheimer Straße werden um 1900 errichtet. 1908 wird ein Dampfkessel in Betrieb genommen, der die Heizung, die Stromversorgung und den Antrieb der Maschinen über Transmission sicherstellt. Seit 1912 bezieht man Strom von den Stadtwerken.
- Bis zum 31. März 1912 existiert im Betrieb ein Eichamt, weil die Firma auch Waagen und Meßapparaturen herstellt. Mit dem Wegfall wegen Verstaatlichung verliert die Stadt Döbeln eine Einnahmequelle.
- Die Firma besitzt 1920 Musterlager zur Präsentation ihrer Erzeugnisse in Berlin, Bremen, Breslau, Hamburg, Chemnitz, Königsberg und Leipzig.
- 1921 wird das Unternehmen in eine GmbH umgewandelt. Als Gesellschafter werden Max Knobloch, seine Frau Gertrud und die gemeinsamen Kinder Gertrud und Walter Knobloch angegeben.
- Etwa 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fertigen in den 30er Jahren ein breites Sortiment an Haushaltgeräten aus Eisen, Blech oder sogenannter Emka-Elastik. 1930 ließ sich die Max Knobloch GmbH ihre "Emka-Kristall"-Lackierung patentieren.
- Im Mai 1936 verstirbt Max Knobloch, ein Jahr später seine Tochter Gertrud, 1937 Selma Handschuh. Walter Knobloch übernimmt 1937 die Leitung der Firma, die damals 98 Mitarbeiter hat.
- Walter Knobloch wird 1943 eingezogen und überlässt dem Prokuristen Hermann Christoph die Leitung der Firma. Die Firma stellt zivile, aber auch Rüstungsgüter her Zulieferteile von Zündgehäusen für die Luftwaffe). Mit Frauen und Mädchen, aber auch Zwangsarbeitern wird die Produktion aufrechterhalten. Walter Knobloch kommt 1945 in den Wirren des Kriegsendes ums Leben. Er vererbt seine Anteile am Unternehmen seiner Verlobten Magdalene Friedrich.
- Am 01. August 1945 wird in der Knoblochschen Villa in der Bahnhofstraße 9 ein Entbindungsheim eingerichtet und dem städtischen Krankenhaus angegliedert.
Knoblochsche Villa in der Bahnhofstraße 9. Auf dem rechten Foto sieht man im Hintergrund die Produktionsgebäude der Firma.
- Im Oktober 1945 wird das Unternehmen entsprechend des Befehls 124 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland aufgrund seiner Produktion unter sowjetische Kontrolle gestellt.
- Im Mai 1947 endete die Phase der Zwangswirtschaft. Der Betrieb wird seinen Eigentümern zurückgeben. Von diesen lebt nur Magdalene Friedrich im Osten. Der Betrieb produziert anfangs emaillierte Töpfe (aus Stahlhelmen), Handleuchter (aus Zündergehäusen) und Haushaltswaren. 1947 beginnt die Produktion des in der Firma selbst entwickelten elektrischen Handstaubsaugers namens Emka ("Em" wie M..ax und "ka" wie K..nobloch).
- 1953 wird Ernst Albrecht neuer Geschäftsführer. Er heiratet später Magdalene Friedrich. Die Max Knobloch GmbH wandelt man im selben in eine Kommanditgesellschaft unter der neuen Bezeichnung "Max Knobloch Nachf., K.G." um.
- 1958 musste das Ehepaar Albrecht die deutsche Investitionsbank als Gesellschafterin für den staatlichen Anteil aufnehmen. An deren Stelle tritt 1960 der VEB Elektrowärme Altenburg.
- 1959 erarbeiten 160 Mitarbeiter 1 Mio. Mark Gewinn.
- 1960 stellt die Firma auf der Leipziger Frühjahrsmesse den weiterentwickelten Staubsauger "Emka" mit federnder Motoraufhängung und Doppelturbine vor. Er wird nach Jugoslawien, Bulgarien, Polen, die BRD, nach Finnland, Belgien und in den Irak exportiert.
- 1964 werden 380 000 Handstaubsauger produziert. Im selben Jahr wird die Produktion dieser in Döbeln eingestellt. Die DDR-Planwirtschaft setzt ganz auf den Handstaubsauger "Omega", der in Altenburg herstellt wird.
- In Döbeln werden nun Großraumstaubsauger gebaut. Neben den bekannten Gaskochertischen und Brotkästen produziert man auch Bahnheizkörper, deren Hülsen der Betrieb im Auftrag des VEB Elektrowärme stanzt.
- 1969 arbeitet die Firma 10 Jahre mit staatlicher Beteiligung und produziert jährlich 3000 - 4000 Großraumstaubsauber.
VEB Gerätebau Döbeln / VEB Elektrowärme Döbeln
- Im Februar 1972 fasste der Ministerrat der DDR den Beschluss Betriebe mit staatlicher Beteiligung durch Kauf oder Auszahlung des privaten Anteils in Volkseigentum zu übernehmen. Magdalene Albrecht verkauft ihre Firmenanteile dem Staat und scheidet aus dem Unternehmen aus. Werner Gürtler wird Betriebsleiter im neuen VEB Gerätebau Döbeln. Erika Kolbe, Tochter der Albrechts, und ihren Mann Reinhard, die nach ihrem Studium 1971 in die Firma eintraten, bleiben der Firma als ökonomische und technische Leiter erhalten. Der Betrieb fertig in dieser Zeit Blechgehäuse für den VEB Buchungsmaschinenbau Sömmerda (Kombinat Robotron Dresden - EDV-Anlagen). Es werden ca. 130 Mitarbeiter beschäftigt.
- In der Knoblochschen Villa ist mittlerweile der Kindergarten des Elektromotorenwerks Hartha untergebracht. Seit 1962 ist die ehemalige Schokoladenfabrik in der Reichensteinstraße das Werk IV des Harthaer Unternehmens.
- 1978 wird der Betrieb als Fertigungsbereich III dem VEB Elektrowärme Döbeln angegliedert. Erika und Reinhard Kolbe wechseln als Hauptbuchhalterin bzw. als Direktor für Absatz und Außenwirtschaft an den Hauptstandort des VEB Elektrowärme.
Max Knobloch Nachf. GmbH
- 1990 wird der Betrieb reprivatisiert, zum 1. Oktober 1990 beginnt die Fertigung von Strahlern und Bahnheizkörpern mit 36 Mitarbeitern.
- 1991 fällt man die Entscheidung, sich auf die Produktion von Briefkästen zu spezialisieren.
- Seit Ende 1994 ist das Unternehmen im alleinigen Besitz der Familie.
- Weil der Markt für Einzelbriefkästen stark umkämpft ist, spezialisiert sich die Firma seit 2000 zunehmend auf individuelle Anlagebriefkästen.
- Das Jahrhunderthochwasser von 2002 hinterlässt große Schäden. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach einem neuen Standort. Auf der Hermann-Otto-Schmidt-Straße im Gewerbegebiet Döbeln-Ost 1b wird ein Grundstück gekauft und eine Produktionshalle errichtet.
- Nach einem Teilabriss alter Gebäude errichtet die Firma 2011 in der Waldheimer Straße 54 eine neue 800 Quadratmeter große Produktionshalle mit Stanzerei und Pulverbeschichtung für die Briefkastenfertigung und ein neues modernes Schulungszentrum für den Vertrieb. Der Betrieb unterhält Büros in Berlin und München und beschäftigt im Gewerbegebiet Döbeln-Ost 85 Mitarbeiter.
- 2011 und 2017 gehen Erika und Reinhard Kolbe in den Ruhestand, Sohn Thomas Kolbe wird Geschäftsführer.
- Im September 2019 feiert der Betrieb sein 150. Firmenjubiläum.
- Das Unternehmen kauft 2023 vom Freistaat Sachsen die ehemalige Liegenschaft von Autoliv an der Eichbergstraße. Am neuen Firmensitz gibt es 50 Prozent mehr Fläche und bessere Entwicklungsmöglichkeiten.
© Michael Höhme, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.
Quellen:
Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914, S. 89
Stockmann, Gottfried: Die Stadt Döbeln als Standort der Industrie. Borna Leipzig 1928, S. 57
Materialsammlung Karlheinz Enzmann (nicht veröffentlicht)
Max Knobloch Nachf. GmbH (Hg.): Chronik einer Briefkastenfirma 1869-2019. Döbeln 2019
Max Knobloch Nachf. GmbH (Hg.): 150 Jahre Knobloch. URL: http://www.geschichte-einer-briefkastenfirma.de (10.05.2023)
Bildnachweis:
Alle Abbildungen/Fotos ohne Vermerk stammen aus der „Sammlung Döbeln“ von Michael Höhme.
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