Holzriemenscheibenfabrik Hiehle & Tischer
- Ein Holzriemenscheibe ist ein Rad mit einem gerillten Rand, der dazu dient, einen Riemen, ein Seil oder eine Kette zu tragen. Sie überträgt Drehbewegungen und Drehmomente von einem Teil einer Maschine auf einen anderen. Riemenscheiben dienen als übersetzende Elemente, die Rotationsenergie von einer Antriebseinheit zu einer angetriebenen Einheit weiterleiten.
- Sie werden vorzugsweise aus Rotbuche, Pappel und Erle gefertigt. Die Scheiben bestehen aus einzelnen Segmenten unterschiedlicher Größe und Stärke, die zu einzelnen Ringen verleimt werden.
- Die Gründer der Döbelner Holzriemenscheibenfabrik Otto Hiehle und Karl Tischer kommen im Frühjahr 1912 aus Dresden in die Muldestadt. Sie sind schon in der Landeshauptstadt mit der Herstellung von Holzriemenscheiben befasst. Die Aufgabenteilung in Döbeln ist klar - Hiehle kümmert sich um das Kaufmännische, Tischer ist für die technischen Abläufe zuständig.
- Die Bedingungen für die neue Firma sind in Döbeln günstig. Auf dem Guido Beckschen Fabrikgrundstück in der Uferstraße 5 finden die Unternehmer Gebäude, in denen sie sofort die Produktion aufnehmen können. Es gibt genügend Fachkräfte und die Löhne sind niedriger als in Dresden. Zudem liegt Döbeln in Sachsen zentraler, so dass man von hier aus die großen sächsischen Industriestädte und auch Landwirtschaftsbetriebe in der Lommatzscher Pflege schnell beliefern kann.
- Da Holzriemenscheiben in fast allen Kraftbetrieben gebraucht werden, ist die Firma schnell gut ausgelastet und exportiert in alle Teile der Welt. Begünstigt wird der Aufstieg dadurch, dass vor dem Ersten Weltkrieg Holzriemenscheiben zum Ausnahmetarif befördert werden. Diese Kostenersparnis fällt während des Krieges weg und wird auch danach nicht wieder in Kraft gesetzt, was den Export erschwert und vielfach unrentabel macht.
- Mitte der 1920er Jahre zieht das Unternehmen in die Eisenbahnstraße 6 und übernimmt Gebäude der Döbelner Holzbiegerei Haupt & Ihrke. Hier beschäftigt die Firma ca. 15 Mitarbeiter, die als Zuschneider, Leimer und Dreher arbeiten. Ein Angestellter kümmert sich um die Buchhaltung und den Versand. Mit einer Dieselameise wird die Fracht zum nicht weit entfernten Hauptbahnhof transportiert.
- Die Firma bewirbt sich als "größte sächsische Spezialfabrik für Holzriemenscheiben".
- Auch nach dem Zweiten Weltkrieg existiert die Firma noch. Die Holzriemenscheiben werden auf Bestellung für Landmaschinen-Großbetriebe, Handwerker und Landwirte hergestellt und in der gesamten DDR verkauft. Die größte Holzriemenscheibe, die man in der Zeit von 1955 bis 1961 fertigt, hat einen Durchmesser von 3,12 Metern.
- Seit 1958 betreibt man das Unternehmen mit staatlicher Beteiligung. Die Aufträge gehen allerdings spürbar zurück. Holzriemenscheiben sind ein "Auslaufmodell". Weil dem so ist, wird nicht mehr investiert, die Stilllegung erfolgt am 31. März 1961.
© Michael Höhme, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.
Quellen:
Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914, S. 91
Stockmann, Gottfried: Die Stadt Döbeln als Standort der Industrie. Borna Leipzig 1928, S. 90f.
Bildnachweis:
Werbeanzeige 1914 - Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914
Alle Abbildungen/Fotos ohne Vermerk stammen aus der „Sammlung Döbeln“ von Michael Höhme.
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