Döbelner Chemische Fabrik Oswald Greiner
- Oswald Greiner kommt 1874 als Dachdeckergeselle von Mittweida nach Döbeln.
- Er eröffnet 1874 ein Dachdecker-Geschäft im Eckhaus Breite Straße/Zwingerstraße. Sehr hilfreich ist für Greiners junge Firma 1883 der Auftrag, die Dachdeckung der neuen Zuckerfabrik vornehmen zu dürfen.
- Greiner erkennt, dass man mit der Herstellung von Dachpappe und Teerdestillation mehr Geld verdienen kann als mit dem Decken von Dächern. 1888 eröffnet er die "Döbelner Chemische Fabrik Oswald Greiner".
- In den frühen Jahren nutzt die Firma für die Besandung ihrer Dachpappe ausgesiebten Muldensand. Dieser wird unmittelbar unterhalb des Burgstadel gewonnen und in einer eigenen Sandaufbereitungsanlage getrocknet und gesiebt.
Künstliche Intelligenz und Heimatforschung bringt man nicht spontan in einen Zusammenhang. Völlig zu Unrecht. Bei der attraktiven Präsentation regionalgeschichtlicher Beiträge sind KI-Tools hilfreich.
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- Am 21. Januar 1894 brennt ein Teil der Fabrik völlig nieder. Ein Benzolbehälter droht zu explodieren.
- 1896 wird nach eingehender Prüfung das Industriegleis vom Hauptbahnhof zur Fabrik Oswald Greiner freigegeben. Das ermöglicht dem Unternehmen, Rohteerprodukte günstig heranzuschaffen und die Endprodukte wieder abzutransportieren. Das Gleis hat eine beachtliche Länge von 995 Metern und reicht bis zur Emaillepechfabrik von Schwerdtfeger & Böttcher am Ende der Reichensteinstraße. Die Firma Greiner besitzt eigene Kesselwagen bei der Sächsischen Staatsbahn (später bei der Deutschen Reichsbahn). Anfangs werden als Zugmittel Pferde, später Lokomotoren (Rangierfahrzeuge mit Verbrennungsmotor) eingesetzt.
- Um 1900 werden die Anlagen der Fabrik erweitert, um die aus Steinkohlenteer gewonnenen Rohprodukte in Reinprodukte umwandeln zu können. Am 04. April 1900 explodiert eine Benzolretorte. Die Haube dieser wird durch das Dach geschleudert und verletzt einen Arbeiter..
- 1907 wird die Firma in eine Kommandit-Gesellschaft umgewandelt, Sohn Theodor Oswald leitet den technischen und Sohn Georg Albert den kaufmännischen Teil des Unternehmens.
- 1913 lässt Oswald Greiner den später nach ihm benannten Greiner-Steg bauen. Die Fußgängerbrücke hat eine Länge von 134 Meter, eine Tragkraft von 5 Tonnen und kostete 70 000 Goldmark. Sie führt von der Heinitzwiese zu Schurichts "Neuer Welt" (später Greiners "Neue Welt") und erspart den Arbeitern der Fabrik, die in der Greiner-Siedlung an der Leipziger Straße wohnten, das Überqueren der Mulde mit Booten.
- Die 1915 gegründete "Friedrich-Oswald-Greiner-Stiftung" in Höhe von 10 000 Mark wird 1917 um nochmals 10 000 Mark erhöht. Mit den Zinsen sollen bedürftige Kriegsteilnehmer des Deutsch-Französischen Krieges (1870/71) und des Ersten Weltkrieges (1914-1917) unterstützt werden.
- Am 26. Februar 1918 besucht König Friedrich August die Fabrik.
- 1926 wird die Chemnitzer Straße in Greinerstraße umbenannt.
- Am 20. Juli 1928 stirbt nach längerem Leiden der Firmengründer Oswald Greiner (geb. am 31.01.1850). Die Grabstätte des Firmengründers auf dem Döbelner Niederfriedhof gibt es noch. Sie befindet sich allerdings in einem desolaten Zustand (Foto 2023).
Grabanlage Oswald Greiners auf dem Döbelner Niederfriedhof
Taschenkalender der Firma Greiner aus dem Jahr 1939 (mit div. Werbeseiten für die Produkte des Unternehmens)
- Am 05. März 1947 stirbt Fabrikbesitzer Theodor Oswald Greiner (geb. 27.12.1876).
- 1965 wird der Schienenanschluss vom Güterbahnhof zur früheren Greinerschen Fabrik aufgegeben.
- 1968 stellt die Firma die Produktion ein. Das Gelände übernimmt der VEB Elektrowärme Döbeln und nutzt die Gebäude als Produktionsstätte für Rundrohrheizkörper und als Lehrlingsausbildungsstätte.
- Am 28. Juni 2010 wird der Greinersteg abgerissen.
Nachtrag
Wolf-Dieter Skibba verbrachte seine Kindheit und Jugend in Döbeln. In den Jahren 1964 und 1966, Skibba war Schüler der Lessing-EOS und wohnte in den Klostergärten, gestaltete er mehrere Aquarelle, die den Blick nach Westen, auf die Schornsteine der Chemiefabrik Oswald Greiners festhielten. Mit seiner freundlichen Genehmigung zeigen wir diese Aquarelle hier.
(1) W.-D.Skibba, Döbeln - Blick aus dem Wohnhaus in den Klostergärten 10 zur Chemiefabrik Greiner, Aquarell, 1964 / (2) und (3) 1966
© Michael Höhme, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.
Quellen:
Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914, S. 93
Stockmann, Gottfried: Die Stadt Döbeln als Standort der Industrie. Borna Leipzig 1928, S. 124ff.
Materialsammlung Karlheinz Enzmann (nicht veröffentlicht)
Hoyer, Jens: Der Stinker am Stadtrand. In: SZ 06.03.2019
Bildnachweis:
Werbeanzeige 1910 - Schwender, Carl Clemens: Döbeln in Sachsen in Wort und Bild. Döbeln 1910
Werbeanzeige 1914 - Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914, S. 93
Alle Abbildungen/Fotos ohne Vermerk stammen aus der „Sammlung Döbeln“ von Michael Höhme.
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