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Möbelfabrik Franz Dyhrsen

Franz Dyhrsen
  • Der am 09.06.1838 in Friedrichstadt/Holstein geborene Franz Dyhrsen gelangt auf seiner Wanderschaft am 12.03.1859 nach Döbeln. Er hatte eine Ausbildung vom Holz- und Horndrechsler absolviert.
  • Er erhielt beim Pfeifenfabrikaten Hilpert in der Ritterstraße Arbeit.
  • Noch immer verspürte Dyhren den Drang, sich weiterzubilden und verlässt Döbeln Richtung Berlin. Hier lernt er Tür- und Stockgriffe drehen. Döbeln hatte er schon fast vergessen, als sein alter Meister ihm eine Werkmeisterstelle in der Pfeifenfabrik von Walter Rothe anbot.
  • Nach seiner Militärzeit eröffnet er im August 1866 in der Kirchgasse eine eigene Werkstatt. Anfangs übernahm er für Döbelner Tischler Drechselarbeiten. Der erste Auftrag waren Fußbankfüße.
  • Schon im Oktober übernimmt Dyhrsen die Tischlerei Wittig in der Breiten Straße. Er stellt Schlüsselhalter, Garnbecher und Garderobenhalter her, die er seit Ostern 1867 in einem Ladengeschäft (ehemals Franz Richter) an der Niederbrücke verkauft. Er beschäftigt 6 Mitarbeiter.
  • Dyhrsen lässt für 2400 Taler in der Dresdner Straße ein Wohnhaus und eine Werkstatt bauen. Er kauft erste Holzbearbeitungsmaschinen und beginnt hier am 01. Oktober 1873 mit 30 Arbeitern die Produktion. Hauptsächlich werden Luxusmöbel hergestellt. Große Verdienste im Vertrieb der Möbel erwirbt die Frau Dyhrsens, die viele Jahrzehnte auf ausgedehnten Reisen als Vertreterin die Produkte der Firma verkaufte. Mit zunehmendem Alter gibt Dyhrsen Aufgaben der Geschäftsleitung an seinen Stiefsohn Hermann Liesch ab.
  • Lange Zeit betätigt sich Dyhrsen auch ehrenamtlich für seine Heimatstadt. Er ist von 1888 -1890 und von 1892-1903 Stadtverordneter und führt bis 1889 als Kommandant die Döbelner Bürgerschützengesellschaft.
  • Am 01. Juli 1904 wird die Firma Dyhrsens in eine Kommandit-Gesellschaft (KG) umgewandelt.
Rechnungskopf der Firma aus dem Jahr 1896 mit einer Zeichnung des Firmenareals in der Dresdner Straße.

Katalog der Fa.Dyhrsen für Luxusmöbel von 1912 (Quelle: Archiv Stadt Döbeln)

  • Christiane Dyhrsen
  • Hermann Liesch
  • Paul Rudolph
  • Bruno Schubert
  • Heinrich Wünsch

v.l.n.r.: Christiane Dyhrsen, Hermann Liesch, Paul Rudolph, Bruno Schubert, Heinrich Wünsch

Fabrikansicht von einem Briefkopf aus dem Jahr 1906
  • Franz Dyhrsen stirbt Silvester 1907, 1908 nach kurzer schwerer Krankheit auch Hermann Liesch. Die Leitung des Unternehmens liegt fortan in den Händen der beiden Schwiegersöhne Dyhrsens, Paul Rudolph und Bruno Schubert. In seinem Testament stiftet der Firmengründer dem Döbelner Bürgerheim 1000 Mark.
  • Das Porträt-Foto rechts zeigt Franz Dyhrsen in seinen letzten Lebensjahren.
Grab der Familie Liesch auf dem ehemaligen Oberfriedhof. Das Grabmal hat sich als eines von wenigen Gräber auch nach der Umgestaltung des Areals zum Park erhalten.
Werbeanzeige aus dem Jahr 1910
  • Die Firma expandiert und verkauft Luxuskleinmöbel und ganze Herrenzimmer im Inland und auch nach Südamerika und Südafrika.
  • 1916 feiert man das 50jährige Firmenjubiläum. Bruno Schubert gibt die Festschrift "Die Möbelfabrik Franz Dyhrsen, Döbeln - Sachsen, 1866-1916" heraus. Sie behandelt die Lebensgeschichte des Gründers, die Entwicklung der Firma und den aktuellen Stand. Gewürdigt werden auch verdienstvolle Mitarbeiter wie der Lagerist Heinrich Wünsch, der dem Unternehmen seit 1872 angehört.
  • 1917 stirbt im Alter von 35 Jahren Walter Dyhrsen, Mitinhaber der Firma.
  • 1925 werden 110 Mitarbeiter beschäftigt.
Preisliste zum Katalog mit dem Logo der Firma aus dem Jahr 1938
  • 1941 feiert man das 75-jährige Firmenjubiläum. Die Enkelin des Firmengründers, Frau Margarete Haber, leitet den Betrieb.
  • Beim Volksentscheid über die Enteignung wird die Firma am 30. Juni 1946 auf die Liste C gesetzt. Damit untersteht der Betrieb vorläufig der Kontrolle der SMAD. Später wird die Beschlagnahmung zurückgenommen und das Unternehmen produziert weiter unter seinem alten Namen Wohnzimmermöbel, speziell Klein- und Einzelmöbel in Edelhölzern.

VEB Sägewerk Döbeln

  • Rückblick: Seit 1905 betreiben Karl und Richard Geßner in der Feldstraße 54 ein Baugeschäft mit Betonwerk und Kunststeinwarenhandel. Auch ein Sägewerk und eine Kistenfabrik gehören zur Firma.
  • 1946 wird das Unternehmen enteignet und firmiert bis 1951 unter VEB Döbelner Baubetriebe, Abt. Sägewerk.
  • 1952 gründet man den VEB Sägewerk Döbeln und beschäftigt hier 28 Mitarbeiter. Jährlich verarbeitet man 6000 Festmeter Stammholz zu Nadel- und Laubschnittholz. Hergestellt werden u.a. auch Deichseln für den VEB Landmaschinenbau "Rotes Banner".
  • 1955 wird die Produktion um eine Abteilung Möbelbau erweitert. Man beginnt in kleineren Werkstätten an unterschiedlichen städtischen Standorten mit der Herstellung von Flurgarderoben und Tischen.
Briefkopf der Firma von 1954
  • 1958 benennt man den Betrieb in VEB Säge- und Holzverarbeitungswerk Döbeln um.
Briefkopf der Firma von 1965
  • 1960 kommt es zur Fusion mit der Möbelfabrik Franz Dyhrsen (Dresdner Str. 14/15), die der Rat des Kreises aufgekauft hatte. Man produziert einen zweiteiligen Wohnzimmerschrank und eine Anrichte (Kredenz). Der neue volkseigene Betrieb hat nunmehr 110 Mitarbeiter und gliedert sich in ein Werk I (Dresdner Straße) und ein Werk II (Feldstraße). Im Werk I wird eine Lehrwerkstatt eingerichtet. Der Betrieb entwickelt neue Formen der Kooperation. Die Produktionsstätte in der Feldstraße profitiert von Zulieferungen aus sechs Handwerksbetrieben und aus halbstaatlichen Betrieben.
  • In den Jahren 1963/1964 konzentriert man sich in Döbeln zunehmend auf die Möbelproduktion und spezialisiert sich auf kombinierbare Kinder- und Jugendzimmer. Die Schnittholzproduktion wird in das Sägewerk Dahlen ausgelagert und die Kistenprodution wird in der Fa. Spreer in Großbothen konzentriert.
Kinderzimmer, VEB Säge- und Holzverarbeitungswerk Döbeln Zentralbild Steffen Ritter, 3.3.1965 Leipziger Jubiläumsmesse 1965 Messehaus Union. Ein Zimmer wächst mit. Durch geringfügige Veränderungen und Ergänzungen ist das Kinder- und Jugendzimmer (Modell 680) an keine Altersgrenze mehr gebunden. Vom Kinderzimmer zum Jugendzimmer ist es nur ein kleiner Schritt. Die Schiebetüren, die einseitig furniert und auf der anderen Seite mit farbigem Kunstleder beschichtet sind, lassen sich auswechseln und lösen das farbige Bild des Kinderzimmers durch ruhige Furnierflächen ab. Bundesarchiv, Bild 183-D0305-0001-019 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

VEB Jugendmöbel Döbeln

  • Pläne, die Möbelproduktion in Döbeln auslaufen zu lassen, werden nicht umgesetzt. Seit 1967 trägt das Unternehmen den Namen VEB Jugendmöbel Döbeln und wird später zum Leitbetrieb für Kinder- und Jugendmöbel in der DDR. Für die Möbel verwendet man Standardbauteile, welche unterschiedlich kombiniert werden können, so dass sich 28 Variations- und Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Nach der Eingliederung des VEB Möbelfabrik Hartha hat der Betrieb 180 Mitarbeiter und bildet 9 Lehrlinge aus.
Briefkopf der Firma von 1970
  • Seit 1973 produziert man auch Kommoden (Kiefer furniert, natur oder gebeizt) für den westlichen Mark und verschafft der DDR so Devisen.
  • Kurz vor der Wende beschäftigt der Betrieb 442 Mitarbeiter und bildet 18 Lehrlings aus. Täglich produziert man 70 Kinder- und Jugendzimmer und 240 Kommoden.

Variantionsmöglichkeiten des Jugendzimmers Modell Döbeln 680/1

Möbelwerke Döbeln GmbH

  • 1990 wird der Betrieb in die Möbelwerke Döbeln GmbH umgewandelt. Nur noch 80 Arbeiterinnen und Arbeiter werden beschäftigt.
Briefkopf der Firma von 1991
  • Die Möbelfirma Mikado, ein Tochterunternehmen der Otti-Jugendmöbel GmbH, kauft 1994 den Betrieb und erhält 2,7 Mio. DM Fördermittel.
  • Zwei Jahre später kündigen die letzten 50 Beschäftigten, weil das Unternehmen mehrere Monate keinen Lohn mehr gezahlt hat. Daraufhin meldet die Firma Konkurs an. Der Hauptgesellschafter der Döbelner Möbelwerke wird vom Landgericht Bielefeld wegen Fördermittelbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Die Produktionsstätten, teilweise in Eigenleistung errichtet, sind ruiniert, Maschinen und Anlagen werden versteigert.
  • 1866 hat Franz Dyhrsen in der Kirchgasse seine erste Möbelwerkstatt eröffnete. Er begründete später in seiner Fabrik in der Dresdner Straße die industrielle Herstellung von Möbeln in Döbeln. Genau 130 Jahre stirbt 1996 mit dem Konkurs der Möbelwerke Döbeln GmbH die holzverarbeitende Industrie in Döbeln.
  • Die Gebäude der alten Möbelfabrik in der Feldstraße werden abgerissen. Am Standort wird das Gewerbegebiet Döbeln-Süd errichtet. Die Gebäude an der Dresdner Straße bleiben teilweise erhalten und werden für eine neue Nutzung ertüchtigt - es entstehen schicke Loft-Wohnungen.
Die historische Abbildung der Möbelfabrik Franz Dyhrsen stammt von einem Briefkopf aus dem Jahr 1911. Das Foto darunter zeigt, wie ein Teil des Areals 2023 aussieht.

© Michael Höhme, "Traditions- und Förderverein Lessing-Gymnasium Döbeln" e.V.

Quellen:
Pressausschuss für das Heimatfest (Hg.): Aus der Heimat. Festschrift zum Heimatfest. Döbeln 20.-22. Juni 1914, S. 90
Fa. Franz Dyhrsen (Hg.): Die Möbelfabrik Franz Dyhrsen Döbeln in Sachsen 1866-1916. Aus Anlass des 50jährigen Bestehens. Döbeln 1916
Stockmann, Gottfried: Die Stadt Döbeln als Standort der Industrie. Borna Leipzig 1928, S. 85f.
Materialsammlung Karlheinz Enzmann (nicht veröffentlicht)

Bildnachweis:
Werbeanzeige 1910 - Schwender, Carl Clemens: Döbeln in Sachsen in Wort und Bild. Döbeln 1910
Fotos der Firmeninhaber und Mitarbeiter - Fa. Franz Dyhrsen (Hg.): Die Möbelfabrik Franz Dyhrsen Döbeln in Sachsen 1866-1916. Aus Anlass des 50jährigen Bestehens. Döbeln 1916
Alle Abbildungen/Fotos ohne Vermerk stammen aus der „Sammlung Döbeln“ von Michael Höhme.